Advent, Advent, ein Lichtlein brennt …

Advent Kranz Kerzen

Jeder dürfte diesen Spruch kennen. Und nun ist es wieder soweit: die Adventszeit beginnt. Viele freuen sich darauf, manche freuen sich allerdings darauf, dass es bald wieder vorbei ist mit dem Weihnachtsrummel.

Die Einstellung und innere Haltung zur vorweihnachtlichen Zeit ist nicht nur individuell verschieden, sondern hat sich auch im Laufe der Jahrhunderte verändert.

Wer sich diesbezüglich informiert hat, weiß z.B., dass ein großer Limonadenhersteller den Weihnachtsmann erfunden haben soll. Im englischen heißt er Santa Claus, ein klarer Hinweis auf den Hl. Nikolaus, dessen Namenstag am 6. 12. gedacht wird. Allerdings gab es schon seit Luthers Zeiten eine Verschiebung vom Nikolaus zum Christkind, was mit der protestantischen Ablehnung der katholischen Heiligenverehrung zu tun hatte.

Auch der Weihnachtsbaum hat seinen Ursprung nicht in der biblischen oder urchristlichen Tradition. Unsere Vorstellung von Tannenbaum und weißer Weihnacht ist offensichtlich geografisch geprägt und hat mit der globalen Idee der Geburt des Sohnes Gottes nicht zu tun. Für viele Europäer ist Weihnachten in Australien unter Palmen am gelben Sandstrand unvorstellbar.

Die Zeit davor, Adventszeit, die Zeit der Erwartung (von lat. adventus = Ankunft) war ursprünglich eine Zeit der Besinnung und Buße, denn das Warten sollte auch an das zweite Kommen Jesu („Wiederkunft“) erinnern. Es war eine Zeit des Fastens, so dass die Feier der Geburt Jesu ein wahres Fest wurde. Und heute? Weihnachtliche Leckereien gibt es seit Sept in den Supermärkten – gefastet wird, so nimmt man es sich vor, im neuen Jahr. Verkehrte Welt!

Vielleicht ist auch aufgefallen, dass die „Alte Kirche“ und in deren Folge die orthodoxe Christenheit die Geburt Jesu nicht Ende Dezember, sondern Anfang Januar feiert. Die röm.-kath. Kirche hat schon vor ewigen Zeiten eine Verschiebung vorgenommen, um den „Heiden“, die die Sonnenwende feierten, entgegen zu kommen. Nun, da wir keinen standesamtlichen Eintrag von der Geburt Jesu in Nazareth haben, ist jegliche Tradition sowieso willkürlich. So gesehen ist es egal, wann Weihnachten gefeiert wird und ob überhaupt.

Ich wünsche allen Lesern, dass es gelingen möge, diese Zeit am Jahresende so zu gestalten, dass man mit möglichst viel Zufriedenheit den Jahresabschluss erleben kann. Und immer schön brav sein, sonst gibt es die Rute  😉

© Matthias Dauenhauer

Wir hatten keine Wahl – oder?“

Da hatte ich keine Wahl!“, sagen Menschen, die zum Ausdruck bringen wollen, dass es für ihr Verhalten keine Alternativen gab.

Nun gab es vergangenen Sonntag die Wahlen zum deutschen Bundestag. Wir hatten eine Wahl. Und für manche Wähler traf auch der Spruch zu: „Wer die Wahl hat, hat die Qual!“. Wen soll ich wählen? Soll ich überhaupt wählen? Soll ich meine Stimme ungültig machen? Wähle ich eine von den kleinen Parteien, die keinerlei Chancen hat, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, aber mit meinen Einstellungen die meiste Übereinstimmung hat? Soll ich taktisch wählen, also eine Partei, mit der ich weniger Konsens habe, die aber in die Regierungsbildung eingreifen kann? Gleichgültig, wie ich mich entschieden habe: Nach der Wahl ist die Qual oft noch größer als davor!

In meinem Leben gibt es viele Weichenstellungen, wo ich eine Wahl habe. Es existieren weitaus mehr Alternativen, als mir auf den ersten Blick bewusst sind. Wenn ich mir selbst sage: „Da hatte ich keine Wahl!“, beraube ich mich meiner Handlungsalternativen.

In einer unserer Fortbildungen wurden wir darauf „getrimmt“, immer weitere Alternativen zu finden. Und es war erstaunlich, wie viele weitere Möglichkeiten sich auftaten, wenn man das Weiterdenken zuließ. In den allermeisten Fällen habe ich eine Wahl: ich kann anders handeln, ich kann anders denken, ich kann anders fühlen. Wenig ist absolut vorgegeben und unumstößlich wie ein angeborener Reflex. Die meisten meiner Reaktionen – egal ob auf emotionaler, kognitiver oder Handlungs-Ebene sind erlernt.

Wenn ich mir das immer bewusst mache, erlebe ich meinen Alltag als flexibler. Ich kann ihn gestalten – manchmal nur innerhalb gewisser Grenzen. Aber immerhin! Ich bin dem Leben nicht komplett ausgesetzt: ich lebe, das meint  einen aktiven Vorgang.

Letztlich habe ich sogar die Wahl, ob ich die Behauptung „Ich hatte keine Wahl!“ weiter tradieren möchte, oder mich für eine alternative Sichtweise entscheide: Ich kann wählen – manchmal nur das kleinere Übel. Aber ich wähle aus und entscheide mich. Mir gefällt letzteres viel besser.

© Matthias Dauenhauer

2017 BRD Wahlen Parteien

Wissen ist Macht und Wissen ißt Macht

Dass Wissen und Macht irgendwie eng miteinander verknüpft sind,  sagt das Sprichwort: „Wissen ist Macht.“

Das Erstere macht durstig (wissensdurstig), das Zweite hungrig (machthungrig). Beide zusammen scheinen  Grundbedürfnisse des Menschen zu befriedigen.

Oft bleibt beides in der Welt der Wünsche stecken. Dann handelt es sich um Scheinwissen und Machtphantasien.

Wissen ist abzugrenzen von Ahnung, Überzeugung und Glaube, einem „Fürwahrhalten“. Wissen ist belegbar, beweisbar, nachvollziehbar. Wissen zeichnet sich auch durch das Anerkennen von Nichtwissen aus. Wissen, etwas nicht zu wissen. Dann kann man zwar von Wahrscheinlichkeiten oder von allgemeiner Überzeugung sprechen. Aber der Wissende anerkennt hier auch seine Grenzen.

Ähnlich verhält es sich mit der Macht. Einige wenige haben tatsächliche Macht, andere fühlen sich allmächtig. Wieder andere träumen von der großen Macht – vielleicht weil sie eher ohnmächtig sind!? Wenn die Macht nicht auf viele Schultern verteilt wird, sondern in der Hand eines Durchgeknallten konzentriert wird, entsteht große Gefahr. Die Weltgeschichte hat es oft genug gezeigt.

Machthaber stehen in der Versuchung, Ihre Macht dadurch aufrecht zu erhalten, indem sie den Zugang zu Wissen einschränken. Die einen verbieten Wikipedia, CNN oder kontrollieren das ganze Internet samt den sozialen Netzwerken. Wenn die Untertanen keinen Zugang zu Wissen haben, sind sie leichter zu regieren und zu manipulieren. Informationen können gefiltert werden oder sogar frei erfunden sein.

So hat es z.B. in der Kirchengeschichte auch eine lange Phase gegeben, in der die Römisch-Katholische Kirche das Lesen der Bibel verboten hatte. Mein Vater hat dies als Ministrant in Frankreich noch selbst erlebt. Nach dem Motto: „Lieber Laie, das verstehst Du eh nicht. Also brauchst Du auch nicht das Original lesen. Komm her, ich, Dein Priester, erkläre es Dir!“

Weil meine Kenntnisse die Macht des Mächtigen einschränkt, mein Wissen seine Macht reduziert, könnte man sogar formulieren: Wissen ißt Macht (auf)!

Oder wie andere es formuliert haben: Lesen gefährdet die Dummheit! Wobei es schon ein bisschen darauf ankommt, was ich lese und wodurch ich mich BILDe. Im Zusammenhang mit den Diskussionen und Vorwürfen zur Lügenpresse bekommt fundiertes Wissen wieder eine enorme Bedeutung. Wem glaube ich? Sammle ich Informationen aus verschiedenen unabhängigen Quellen und welcher schenke ich Vertrauen?

© Matthias Dauenhauer

Schwörtag Reutlingen

Obwohl ich nun schon einige Jahre in Reutlingen lebe und arbeite, hatte ich erst dieses Jahr die Gelegenheit, beim traditionellen Schwörtag der Stadt Reutlingen teilzunehmen.

BLOG Prozession

Das Bild zeigt die Prozession, die nach dem Gottesdienst an der Marienkirche startete und über den Marktplatz zum Schwörplatz führte.                                                                      © M. Dauenhauer

Seit dem 14 Jahrhundert bis 1802 war Reutlingen eine Freie Reichsstadt und der Schwörtag ein zentrales politisches und gesellschaftliches Ereignis, welches immer am 2. Sonntag nach dem 4. Juli, gefeiert wurde. An diesem Tag wurde jährlich der Bürgermeister gewählt, vorgestellt und vereidigt und die Bürgerschaft auf die neue Regierung eingeschworen. In Erinnerung an die alte Zeremonie wurde dieser Brauch 2004 wieder eingeführt – ohne rechtliche Bindung.

BLOG Wappen Reutlingen

Das Bild zeigt den Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Reutlingen             © M. Dauenhauer

Das Schwören (bei etwas, was einem heilig war) sollte die Person an seinen Entschluss binden, zumal wenn öffentlich bzw. vor Zeugen geschworen wurde. Damit gab es kein Zurück mehr, denn man hätte sein Gesicht verloren und folglich seine Ehre. Darum mussten dann z.B. Racheschwüre, die im ersten aufgewühlten emotionalen Moment formuliert worden waren auch vollstreckt werden, selbst wenn nach einer Nacht und dem Abkühlen der ersten intensiven Gefühle eine alternative Reaktion denkbar gewesen wäre.  Dann konnte man nicht wie später Adenauer sagen: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!?“

Eigentlich ist es ja traurig, dass überhaupt geschworen werden muss. Einen Schwur oder einen Eid abzulegen soll bekräftigen, was man gesagt hat. Aber sollte es nicht immer stimmen, was man behauptet? Interessanterweise wandte sich Jesus in der Bergpredigt gegen die traditionelle Schwurpraxis und lehnte das Schwören in jeglicher Form ab. Stattdessen solle das „Ja“ ein „Ja“ und das „Nein“ ein „Nein“ sein. Dies ist durchaus zweckmäßig, denn sonst muss ja an allen Aussagen, die nicht unter Eid oder durch Schwur bekräftigt wurden, gezweifelt werden.

Der Wert eines Versprechens – so lehrt es uns der Alltag aber auch die Beobachtungen in Wissenschaft, Religion, Wirtschaft oder Politik – zeigt sich in dessen Einhalten, also in der Verlässlichkeit und nicht in irgendeiner Bekräftigungsformel. Wahrhaftigkeit  zählt mehr als jede Eidesformel.

In der Jugendsprache hat das Bekräftigen wieder Eingang gefunden mit dem: „Ich schwör!“. Dabei gewinnt mal als Hörer eher den Eindruck, dass man gerade bei solchen Formulierungen eher am Wahrheitsgehalt zweifeln sollte. Die Bekräftigung kann sogar das Gegenteil vom gewünschten Effekt erzielen.

So, und nun komme ich, das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche, langsam zum Ende meiner Ausführungen. Ganz bestimmt! Bombensicher! Hundertpro! Ehrlich! Kannst mir glauben! Versprochen! Totsicher! Ich geb´s Dir schriftlich! Ne wirklich! Ich schwör!

Was ich noch sagen wollte:  … nee lassen wir das. Was man versprochen hat, muss man halten.   😉

© Matthias Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Uromas Weisheiten

Vom Geben ist noch niemand arm geworden. (Marie Weichert)

Meine Urgroßmutter war Jahrgang 1898. Sie verstarb als ich 16 Jahre alt war. So hatte ich das große Glück, diese Frau noch ganz bewusst zu erleben und von ihrer Lebenssicht und -weisheit etwas mit zu bekommen.
Marie Weichert hat zwei Weltkriege miterlebt und kannte die Schrecken und Ängste dieser Jahre. Sie hatte Verluste erlebt, sowohl was Menschen anging als auch Besitz.
Wer im Krieg so ziemlich alles verloren hatte, war wirklich arm dran. Dennoch war meine Urgroßmutter immer freigiebig und großzügig im Helfen. Wo Not war, wurde gegeben. Dazu brauchte meine Oma keine großen Belege, ihr reichten ihre Augen und Ohren.

Diese Haltung hat sie an meine Mutter weitergegeben, die dies bis ins hohe Alter auch so gelebt hat. So wurde es mir also von zwei Frauen meiner Familie vorgelebt. Dafür bin ich sehr dankbar und möchte beide Frauen hier ausdrücklich würdigen für ihre Lebensart, Offenheit, Herzlichkeit und Großzügigkeit.

Ich bin schon viel im Leben beschenkt worden. Und es waren durchaus nicht immer die, die viel hatten, die mir was geschenkt haben. Oftmals waren Menschen sehr großzügig, die gar nicht so viel hatten. Es geht auch nicht um die Menge dessen, was man gibt. Es geht um die Geisteshaltung dabei. Und da haben mir in unserem Land aktuell zu viele Menschen zu viel Angst, dass für sie nicht genug da sein könnte, wenn andere etwas bekommen. Das macht mich traurig. Ich wünsche mir Menschen, die gern geben – sei es ein Lächeln, Geld oder Zeit. Ich wünsche mir Menschen, die von Herzen geben und nicht mit Berechnung. Ich wünsche mir Menschen, die geben, ohne anderen damit ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich wünsche mir schlicht mehr Gegenseitigkeit. Die fängt aber beim Einzelnen an. Deswegen:

Vom Geben ist noch niemand arm geworden! Macht alle mit, und wir werden alle reicher.

Copyright: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Leben ändern oder Ändern leben?

Wie wäre es, nicht das Leben zu ändern, sondern das Ändern zu leben? - www.doppelpunkt-praxis.de

Immer wieder höre ich, dass Menschen ihr Leben ändern wollen. Meistens meinen sie damit gar nicht ihr ganzes Leben, sondern in der Regel nur einen Teilbereich. So wollen sie ihr Essverhalten ändern oder mit dem Rauchen aufhören oder sich nicht mehr so aufregen. Bisweilen ist der Bereich, den ein Mensch ändern möchte, dann aber doch gefühlt so groß und bedeutsam, dass es sich anfühlt, als würde er oder sie das ganze Leben verändern. Und dann ist es natürlich so, dass eine Veränderung in einem Teilbereich nicht ohne Nebenwirkungen bleibt, also dass dies auf das ganze Leben seine Auswirkungen hat, die meistens auch andere Menschen – Verwandte und Freunde oder Kollegen – bemerken.

Es ist ja doch so, dass uns das Leben tagtäglich verändert. Wir wachsen, altern, machen Erfahrungen, lernen und so weiter. Wir verändern uns und erleben das als völlige Normalität. Gleichzeitig können Veränderungen – bevorstehende wie bereits eingetretene – große Ängste in Menschen auslösen. In diesen Momenten scheint es so, als wünschten diese Menschen sich, dass sich nichts in ihrem Leben verändern solle. Auch Entwicklungen, die eigentlich ganz selbstverständlich in ein Leben gehören – wie z.B. ein Wohnortwechsel – werden dann mit größten Ängsten erwartet.

Die Nicht-Veränderung ist Starre, also wenig lebendig. Leben ist Fluss in allem und damit permanente Veränderung. Vielleicht wird es leichter, sich auf das Ändern im Leben einzulassen und es zum Zentrum zu machen, wenn man sich klar macht, dass es ja ohnehin ständig mit mir passiert, ohne dass ich es bewusst intendiere. Ich ändere mich, ohne dass ich bewusst etwas dazu tue. Das beweist in meinen Augen, dass ich für Veränderung in meinem Leben eine sehr hohe Kompetenz habe. Wenn mir das öfter deutlich vor Augen ist, dann sind hoffentlich auch die anderen Veränderungen weniger bedrohlich, dann wird das Ändern womöglich sogar zu einer großen Ressource, aus der ich schöpfen kann.

Der Spruch im Bild ist einem Zitat Rilkes nachempfunden.

Autor: Ulrike Dauenhauer

Falschmeldungen über Fake News

Stille Post – (k)ein Kinderspiel! Erwachsene spielen es viel besser und raffinierter. Und in echt, also ohne den entlarvenden und verharmlosenden Stempel: „Spiel“. Stille Post demonstriert, wie Gerüchte entstehen.
Gerüchte und Fake News (Falschmeldungen) sind sich ähnlich und doch nicht gleich! Gerüchte entstehen oft auch unabsichtlich. Durch ungenaues Zuhören, durch unabsichtliches Einpassen in eigene Denk- und Wahrnehmungsmuster.
Wer jedoch absichtlich und zielgerichtet falsche Informationen verbreitet, setzt nicht nur Gerüchte in Umlauf, sondern täuscht, lügt und fälscht die Wahrheit. Aus Fakten werden „alternative Fakten“. Wir Deutsche kennen dies aus unserer eigenen Geschichte, der Nazipropaganda, ziemlich gut. Neuerdings kann man dies auch jenseits des Atlantiks vermehrt beobachten.

Dabei gilt aber auch zu unterscheiden, dass manche Fake News so offensichtlich falsch sind, dass gar keine Betrugsabsicht vorliegt, sondern reine politische Satire. Während ich das schreibe, erhalte ich über Handy ein passendes Beispiel:

„Soeben berichtet CNN in einer Sondersendung von einem Zwischenfall in Washington: Im Weißen Haus ist gegen 7:00 Uhr Ortszeit ein Feuer ausgebrochen und zerstörte die Privatbibliothek von Donald Trump. Beide Bücher wurden restlos zerstört. Besonders tragisch: Das zweite Buch des neuen Präsidenten hatte er noch gar nicht fertig ausgemalt!“

Das kann man lustig finden, oder auch nicht. Es ist offensichtlich eine absichtliche, aber satirische Falschmeldung, welche durch ihre Übertreibung deutlich macht: diese Meldung darf nicht wörtlich genommen werden.
Schlimmer sind Nachrichten oder Informationen, die als Tatsachen verkauft werden. Vor wenigen Tagen „erfand“ die Beraterin des US-Präsidenten ein Massaker, um sein Dekret zum Einreisestopp für mehrere islamische Länder zu rechtfertigen. Details dazu hier: Kellyanne Conway erfindet Massaker

Wer sagt uns nun aber, ob nicht die Presse (in diesem Fall der „Spiegel“) absichtlich Falschmeldungen über Falschmeldungen druckt? Viele Menschen trauen den Medien nicht mehr und bezeichnen sie als Lügenpresse. Kaum einer dieser Zweifler hat dabei aber reflektiert, woher er seine Zweifel hat. Denn auch der Verdacht von Falschmeldungen in der etablierten Presse stammt aus irgendeinem Nachrichtenkanal. Warum eigentlich glaubt man dann diesem und zweifelt am anderen?
Nachdem ich am Dienstag vergangener Woche diesen Blog-Artikel begonnen hatte, wurde am Abend auf ZDF die Polit-Satire „Anstalt“ gesendet. Und als hätten deren Autoren meinen unfertigen Artikel bereits eingesehen, berichten sie über Falschmeldungen über Fake-News. Wer es nachträglich sehen möchte:
Die Anstalt vom 7. Februar 2017 (Ausschnitt) (bis 07.Mai 2017 verfügbar)

trump
Das obige Foto zeigt eine Meldung mit einem angeblichen Zitat von Donald Trump. Es passt ins Klischee und Vorurteil, welches viele von diesem Mann haben. Es ist aber ein erfundenes Zitat, eine Falschmeldung. Ich bin für einen Tag darauf reingefallen, habe dann recherchiert, mich korrigiert und auch alle, denen ich diese News zugeschickt hatte, diesbezüglich informiert.

Während es zu meiner Studienzeit eher noch das Problem gab, an Informationen zu gelangen, ist es heute im Zeitalter von Internet, Google, Facebook, WhatsApp und Wikipedia wesentlich schwieriger, die gefunden Informationen zu selektieren und zu bewerten. So kam vor wenigen Wochen eine angebliche Warnung der Kriminalpolizei vor einem Virus. Man möge umgehend so viel wie möglich Freunde warnen. Die Nachricht selbst war harmlos, sorgte aber für eine Flut unnötiger Mails und Nachrichten, also eine Art Kettenbrief, der sich lawinenartig ausbreitete. Da ist es kein Fehler, vor einem Weiterleiten im Internet einen Faktencheck zu machen. Dies macht kaum mehr Arbeit als das massenhafte Kopieren und Weiterleiten der (Falsch)meldung.

Ich persönlich mag Satire, die von Überzeichnung lebt und es auch mit der Wahrheit nicht immer genau nimmt – solange es klar ist, dass es sich um Satire handelt. Trotzdem möchte ich mich in Zukunft auch mehr darum bemühen, Informationen genauer zu hinterfragen, zu prüfen und einem Faktencheck zu unterziehen. Dazu gehört schon, dass Aussagen als persönliche Meinung gekennzeichnet sind oder die Formulierung „möglicherweise“, „eventuell“ oder „angeblich“ vorangestellt wird.

Nach meiner persönlichen Meinung wird dadurch möglicherweise eventuell die Verbreitung angeblicher Fakten eingeschränkt 😉

© Matthias Dauenhauer

Ende und Anfang der Selbstliebe

Start loving yourself and you won´t care who hates you. www.doppelpunkt-praxis.de

Es gibt viele Bücher und auch Ratgeber im Internet, die vermitteln wollen, wie man lernt, sich selbst zu lieben. Ich frage mich, warum wir das als erwachsene Menschen lernen sollen. Das setzt voraus, dass wir es nicht können oder nicht mehr können. Wenn wir es nicht mehr können, also verlernt haben, dann konnten wir es ja einmal. Aber warum haben wir es verlernt? Was ist geschehen, dass wir aufgehört haben, uns selbst zu lieben?

Wenn ein Kind geboren wird, begegnet die Welt ihm in den meisten Fällen mit viel Liebe. Das kleine Wesen mit den winzigen Fingern löst bei fast allen Menschen Faszination aus. Eltern versuchen, diesem neuen Familienmitglied alle Wünsche zu erfüllen, ihm alle Liebe, Nähe und Zärtlichkeit zu geben, die dieser Mensch braucht.

Irgendwann ändert sich etwas. Kritik zieht ein in unser Leben und beginnt, uns zu verunsichern. Die Kritik kommt daher, weil ein Gegenüber Erwartungen hat, die von uns nicht erfüllt werden (können). Plötzlich sind wir nicht mehr so gut, wie wir sind, sondern sollen anders sein oder anderes leisten. Es beginnt der Vergleich und die Bewertung. In dem Moment, wo wir einem anderen nicht mehr genügen, wie wir sind, fangen wir an, an uns zu zweifeln und beginnen, zu vergessen, dass wir uns lieben.

Leider werden wir uns dieses Zustandes oft erst viele Jahre später bewusst (oder gar nicht). Dann stellen wir fest, dass uns die Meinung anderer Menschen viel bedeutet, soviel, dass wir sie für richtiger und wahrer halten als den Blick, den wir auf uns selbst haben. Plötzlich finden wir viele Dinge an uns nicht liebenswert. Wir haben gelernt, uns durch die kritische Brille anderer Menschen zu sehen und halten diesen Blick auf uns für unseren eigenen.

In dieser Lage ist es schwer, Liebe von anderen anzunehmen und auch andere wirklich zu lieben. Deswegen fängt es damit an, dass wir lernen, uns wieder selbst zu lieben, so wie wir es als Kinder konnten, vorbehaltlos, offen und frei. Das erst macht uns frei, anderen in Liebe zu begegnen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Jeder Augenblick ein Geschenk

Vergangenheit ist Geschichte, Zukunft ein Geheimnis und jeder Augenblick ein Geschenk. (Ina Deter) - www.doppelpunkt-praxis.de

Ist das nicht eigentlich ein banaler Spruch? Könnte man meinen. Aber für mich hat er etwas Besonderes; und zwar am Schluss. Das letzte Wort ist für mich das Wichtigste an diesem Satz. Wie kann ein Augenblick ein Geschenk sein? Es kommt doch ein Augenblick nach dem nächsten, ohne dass ich etwas dazu tue oder meistens auch ohne, dass etwas Besonderes geschieht. Warum also sollte jeder Augenblick ein Geschenk sein?

Für mich liegt in diesem Wort sehr viel. Natürlich gibt es Geschenke, die ich quasi erwarte. Viele Menschen erwarten, dass sie an Weihnachten oder zum Geburtstag irgendwas geschenkt bekommen. Ganz besonders sind für mich aber die Geschenke, mit denen ich nicht gerechnet habe, entweder zu diesem Zeitpunkt oder in der Art des Geschenkes. Sowas schafft für mich immer ganz besondere Überraschungen. Und wenn mir in diesem Satz gesagt wird, dass jeder Augenblick ein Geschenk ist, lenkt er meinen Blick weg von der Selbstverständlichkeit, mit der sich ein Augenblick ereignet hin zur Einmaligkeit des Moments und noch darüber hinaus. Ein Geschenk will gewürdigt sein. Da hat sich schließlich jemand Gedanken gemacht, wie er uns eine Freude machen könnte. Bei mir löst das Dankbarkeit aus. Und dann Neugier, was genau hat sich der Schenkende gedacht, als er sich für dieses Geschenk für mich entschied und was kann ich mit dem Geschenk machen. Wann und wie will ich es wie gebrauchen oder genießen? Insofern hat ein Geschenk für mich immer auch einen hohen Aufforderungscharakter. Mit dem Geschenk beginnt für mich die Aufgabe, es zu gestalten, ihm seinen eigentlichen Sinn zu verleihen. Darin liegt natürlich auch Verantwortung, die ich übernehme, wenn ich das Geschenk annehme.

Und was heißt das jetzt für den Augenblick? Ich habe Macht, den Augenblick – JETZT – zu gestalten, mich an ihm zu freuen, ihn zu nutzen und damit zu verwandeln. Ich kann ihn dankbar annehmen und eine innere Haltung zu ihm finden, die mich reich macht, weil ich ja so viele Geschenke bekomme.

Autor: Ulrike Dauenhauer

Luther Jubiläumsjahr 2017 – oder Lernen vom Apfelbäumchen

briefmarke-martin-luther-theologe-reformator

Martin Luther auf einer Briefmarke. Aus meiner Jugendzeit kenne ich diese gut, habe sie oft „geschleckt“, denn selbstklebende Marken gab es damals noch nicht. Sie schaffte ab ihrer Erscheinung im Sept. 1961 eine Auflage von fast 2,5 Milliarden! Diese Marke war nur bis zum 31.12.1970 gültiges Porto.

Die Sätze und Zitate von Martin Luther haben auch eine hohe „Auflage“. Der Reformator wird auch 500 Jahre nach seinem Thesenanschlag häufig zitiert. So manches Zitat des Theologen verliert seine Gültigkeit nicht.

Heute will ich auf ein Bonmot eingehen, welches Luther zugeschrieben wird. Allerdings gibt es keinen Beleg dafür (manches spricht dafür, dass es erst während des Zweiten Weltkrieges entstanden ist und dem Mönch in den Mund gelegt wurde).
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“
Würde ich das auch? Erste Reaktion beim Hören vor ein paar Jahrzehnten: „Schön blöd! Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, hätte ich Besseres zu tun!“

Beim Nachdenken über seine Aussage fielen mir zwei Dinge auf:

Erstens: Möglicherweise wollte er sagen, dass ich – obwohl ich „weiß“, dass morgen die Welt untergeht – mich täuschen könnte. Bleibt bei aller Gewissheit nicht eine Restunsicherheit? Besteht nicht eine kleine Chance, dass ich mich getäuscht habe?

Und selbst wenn man im göttlichen Auftrag spricht, wie in der Überlieferung des Alten Testaments der Prophet Jona, welcher der Stadt Ninive den Untergang ankündigte: es könnte sein, dass Gott seine Meinung ändert! Und dann?!
Also würde Luthers Satz aussagen: Selbst wenn Du Dir einer Sache ganz gewiss bist: rechne damit, dass es auch anders kommen könnte! Geh Deinem Tagewerk nach! Komme Deinen Verpflichtungen nach! Lebe, als ob es weiter gehen würde!
Dies muss nicht bedeuten, dass man die realen Gefahren ausblendet und leugnet. Aber es heißt, nicht in Schockstarre zu verfallen, wie das Kaninchen vor der Schlange. Lass Dich von Deinen Ängsten und Sorgen nicht gefangen nehmen! Lass Dich von diesem Schreckensszenario nicht fesseln!

Zweitens: Warum schrieb Luther: „… ein Apfelbäumchen pflanzen“? Warum nicht etwas tun, was am letzten Tag vor dem Weltuntergang noch Sinn macht? Brot backen, Stube aufräumen, Holz hacken … Aber ein Apfelbäumchen pflanzen? Ist das nicht absurd? Ein Bäumchen trägt doch frühestens nach 10 Jahren Früchte. Was ergibt das für einen Sinn? Möglicherweise ergibt sich aus der Absurdität der Sinn seiner Aussage: es geht nicht nur darum, für heute etwas Sinnvolles zu tun, sondern etwas, was Langzeitauswirkungen hat. Ich werde tätig mit einer Aufgabe, deren Folgen in der Zukunft liegen. Und das, obwohl die Situation heute ganz nach Weltuntergang aussehen mag.

Viele sagten schon in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts: in diese Welt kann man keine Kinder mehr setzen. Wegen der Gewalt … der Konflikte … des Klimas … der abnehmenden Rohstoffe … und wegen der machthungrigen Präsidenten oder Kanzler oder Könige usw. Ich höre diese Worte in den letzten Monaten auch wieder: die Welt ist schlecht, lasst uns die Hände in den Schoß legen, es hat eh alles keinen Sinn mehr.

Ob das Zitat nun von Martin Luther stammt oder nicht: Es macht in meinen Augen nicht nur eine Aussage, sondern gibt uns einen Auftrag: bei aller Gewissheit über das Übel in der Welt oder des nahen Weltuntergangs – steck den Kopf nicht in den Sand, lebe und arbeite weiter! Denn ganz sicher kann sich niemand sein. Nimm ein Projekt in Angriff, das Langzeitwirkung hat und vielleicht erst Jahre später Früchte trägt! Es muss kein Apfelbäumchen sein …
© Matthias Dauenhauer