Pfingsten – einmal anders betrachtet
Pfingsten ist ein christliches Fest, welches seinem Namen entsprechend (πεντηκοστή pentekostē) immer 50 Tage nach Ostern fällt. Laut dem Bericht der Bibel (Apg. 2) wurde dabei der Heilige Geist auf die Apostel ausgeschüttet, der sie ermächtigte, wirkungsvoll zu predigen.
Man spricht bis heute von einem Pfingstwunder. Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sprache wurden durch die Verkündigung angesprochen. Die Apostel waren plötzlich befähigt, in Fremdsprachen zu verkündigen:
„Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.“ (Apg.2:1-4 nach Einheitsübersetzung EU)
Hier liegt der Schwerpunkt bei der Sprache und dem Sprechen. Es regt mich an darüber nachzudenken, wie ich reden und sprechen muss, damit ich von anderen verstanden werde. Es geht mir jetzt nicht um Fremdsprachen! Wir benutzen oft die gleiche Sprache und reden doch aneinander vorbei. Als es noch zwei deutsche Staaten gab, kursierte der Spruch: „Die gemeinsame Sprache trennt uns!“ Also: es kommt nicht nur darauf an, welchen Inhalt ich transportiere, sondern auch welche Worte ich gebrauche, welche Bedeutung ich ihnen gebe, welche Empfindungen sie bei mir auslösen. Beispiel: Wenn ich Geld nicht ausgegeben habe, könnte ich von mir behaupten: „Ich bin sparsam!“ oder „Ich bin geizig!“. Beide Aussagen treffen auf den Sachverhalt zu, aber geben doch auf einer anderen Ebene eine ganz andere Botschaft. Pfingsten lehrt mich, auf meine Sprache zu achten.
Der Bericht geht weiter und spricht einen weiteren Aspekt an:
„In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden. Alle gerieten außer sich und waren ratlos.“ (Apg. 2:5-12 (EU)
Jetzt wird bei dem Wunder das Hören betont. Obwohl ein Redner zur gleichen Zeit immer nur eine Sprache sprechen kann, kommt es zu dem Phänomen, dass verschiedene Zuhörer aus dem gleichen Munde Verschiedenes hören. Der Bericht wechselt sozusagen vom Sprechwunder zum Hörwunder. Er regt mich an darüber nachzudenken, wie ich höre bzw. zuhöre. Auch hier geht es mir jetzt nicht um Sprachen und Dialekte. Ich weiß, dass ich als Zuhörer dem Gesagten eine Bedeutung gebe. Ich bin als Zuhörer – ohne mir dessen bewusst zu sein – aktiv am Kommunikationsprozess beteiligt. Ich will mir in Zukunft mehr bewusst machen, dass ich aktiv zuhören will. Dass ich verstehen will, was der andere mir sagen will, was er meint. Will lieber nachfragen, wenn es unklar ist und damit Missverständnissen vorbeugen.
Pfingsten lehrt mich nicht nur, auf meine Sprache zu achten, sondern auch auf mein Zuhören. Es gibt mir die Chance, meine Kommunikation zu verbessern. Vielleicht geschieht dadurch in Zukunft ein Kommunikationswunder in meinem Alltag?!
Matthias Dauenhauer