Der schwere Schritt

Es ist immer einfacher das letzte Wort zu haben, als den ersten Schritt zu tun. (Ernst Reinhardt) - www.doppelpunkt-praxis.de

Vor vielen Jahren habe ich mich mal bei einer Freundin beklagt. Ich war damals mit meiner Ehe in einer Krise und war – wie wohl viele andere auch – von so manchem genervt. Besonders ärgerte mich, dass ich – nach meinem Erleben – in Konflikten immer den ersten Schritt tun musste, damit wieder etwas voran ging. Genau das klagte ich meiner Freundin. Doch statt Mitleid und Entlastung – was ich in diesem Fall erhofft hatte – erfuhr ich eine völlig andere Reaktion. Sie sagte zu mir: „Ulrike, wenn Du diejenige bist, die das kann, dann ist das Dein Job und dann hör auf zu meckern und mach ihn.“ Erstmal war ich platt. Das hatte ich so gar nicht erwartet. Aber beim weiteren Nachdenken über ihre Reaktion wurde mir manches deutlich. Menschen sind nun einmal sehr verschieden. Auch ein Ehepartner oder ein guter Freund ist so ganz anders „gestrickt“ als wir selbst. Das macht es uns im Miteinander bisweilen schwer. Gleichwohl ist diese Verschiedenartigkeit natürlich auch ein schöner Aspekt an Beziehungen. Als ich aber weiter nachdachte, ging mir auf, welch unterschiedliche Typen wir beide waren, er und ich. Er eher ruhig, ich eher temperamentvoll. Er eher zurückhaltend, ich eher drauf los und so weiter. Dabei musste ich feststellen, dass der erste Schritt für ihn wahrscheinlich wirklich sehr schwer war. Manchen Menschen mag das sogar grundsätzlich zu schwer sein, auch wenn sie nicht von dem Schlag sind, der immer das letzte Wort haben muss.

Im nächsten Zug machte ich mir klar, dass ich nicht möchte, dass man von mir Dinge verlangt, die ich nicht kann oder mich unter Druck setzt, schneller zu sein in einer Angelegenheit, die mir Mühe macht und nicht leicht von der Hand geht.

Warum also fange ich an, mich quasi zu weigern etwas zu tun, was doch im Grunde mir und meiner Natur entspricht, mir leicht fällt?
Ich glaube, dass dies daher kommt, dass wir irgendwann in einer Beziehung Gefahr laufen, das Rechnen anzufangen. Wie oft hat der oder habe ich dies oder das getan? Warum beginne ich, Dinge stärker zu gewichten, die ich getan habe, als die, die mein Partner getan hat?

Ich muss gestehen, dass ich auf diese warum-Frage keine Antwort habe. Aber allein die Erkenntnis, dass ich – wir alle – gefährdet sind, in diese Denkmuster zu geraten, kann helfen, sie eher zu entlarven und ihnen zu begegnen.

Für eine gelingende Partnerschaft sind viele Dinge wichtig, große und kleine, welche mit viel Zeitaufwand und solche mit weniger Zeitaufwand, kostspieligere und kostengünstige. In großen Zeiträumen gedacht, sollte sich das ausgleichen.

Auch wenn Du nicht derjenige bist, der gern das letzte Wort hat, mach den ersten Schritt.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Liebe meines Lebens

Wenn du die Liebe deines Lebens sehen willst - schau in den Spiegel. (Byron Katie) - www.doppelpunkt-praxis.de

Mir scheint, dass viele Menschen Mühe haben, sich selbst zu lieben. Das ist schade, denn wen kennen wir besser als uns selbst?! Ist es leichter jemanden zu lieben, den wir weniger gut kennen? Könnte es nicht sein, dass wir für jemanden, den wir gut kennen, auch Verständnis aufbringen, wenn er/sie sich mal „seltsam“ verhält oder nicht ganz angemessen reagiert?

In der Bibel steht das Gebot der Nächstenliebe. Da heißt es, dass wir unseren Nächsten lieben sollen WIE UNS SELBST. Damit wird deutlich, dass die Selbstliebe die Voraussetzung für die Liebe zu einem anderen Menschen ist. Deswegen ist es so unendlich wichtig, sich diesem Thema zu widmen. Jeder für sich.

Für Frauen habe ich dazu auch einen passenden Song gefunden, bei dem mir vor allem der Text sehr gut gefällt. Allen Frauen empfehle ich – und das meine ich wirklich ernst – den Song so oft zu hören, bis sie ihn fehlerfrei mitsingen können.

Maite Kelly: Ich bin die Frau meines Lebens

Für Beispiele vergleichbarer Songs für Männer wäre ich an dieser Stelle wirklich dankbar.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Krankheiten unserer Zeit

Die Scheu vor Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit . (Fürst Bismarck ) - www.doppelpunkt-praxis.de

Kürzlich bot sich uns bei einer Reise auf dem stillen Örtchen eines Schnellrestaurants obiges Bild. Glücklicherweise benötigte ich keine der beiden Toiletten, denn für mein „kleines“ Problem gab es Urinale.

Ich habe den besch… Zustand der Toiletten fotografiert und der Filialleitung gezeigt. Sie war bestürzt und verärgert, denn es käme in letzter Zeit öfter vor, dass mutwillig die Toiletten in einem unappetitlichen, schmuddeligen Zustand zurückgelassen werden.

Man fragt sich unwillkürlich: warum machen Menschen so etwas? Niemand würde seine private Toilette daheim so hinterlassen, denn der nächste Nutzer ist sein Familienangehöriger oder gar er selbst. Das Foto offenbart auch nicht ein versehentliches Malheur, sondern mutwillig inszeniertes Chaos. Warum tut man das? Soll der Ruf des Restaurants beschädigt werden, des Filialleiters, der Putzfrau?

Ist das Beobachtete ein Symptom unserer gesellschaftlichen Entwicklung? Frustration und Aggression nehmen zu. Sachbeschädigungen und Körperverletzungen nehmen zu. Wie steht es um das Sozialverhalten und die Verantwortung für das Eigentum anderer oder das öffentliche Eigentum? Leere Bierdosen in Parkanlagen, ausgespuckte Kaugummis in Fußgängerzonen, Altglas und Batterien im gelben Sack! Pöbeleien, Grabschen und sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz oder sogar auf öffentlichen Plätzen! Die Liste ließe sich fortsetzen.

Wie gehen wir miteinander um? Das zeigt sich auch im Fernsehen bei TV-Debatten, wo man glaubt, durch Lautstärke das eigene Argument schlagkräftiger zu machen, wo man sich nicht ausreden lässt oder sogar beschimpft.

Wie gehen wir miteinander um? Das zeigt sich auch im Familienleben, wo der Tonfall und die Fäkalsprache immer mehr Einzug hält.
Wie gehen wir miteinander um? Das zeigt sich auch in den Kirchen, wo verbale Gewalt und Intoleranz zunimmt.

Jeder trägt Verantwortung für sein Tun, sein Handeln, sein Unterlassen. In gewisser Hinsicht sogar für seine Gefühle und Gedanken (Johann Friedrich Herbart). Scheuen wir Verantwortung? Ist dies eine Krankheit unserer Zeit? Jedenfalls Bismarck schon am 1. März 1870 vor dem Norddeutschen Reichstag behauptet: „Die Scheu vor der Verantwortung ist eine Krankheit unserer Zeit!“ Die Zeiten ändern sich … oder auch nicht!

PS: Als wir eine halbe Stunde später das Restaurant verließen und ich mir nach dem Essen die Hände waschen wollte, schaute ich auch noch mal um die Ecke: es sah noch exakt genau so aus…

© Matthias Dauenhauer

Freude bleibt

Jede Freude ist ein Gewinn und bleibt es, auch wenn er noch so klein ist. - www.doppelpunkt-praxis.de

Als ich Kind war, hing bei uns im Flur ein Spruch: „Leuchtende Tage, nicht weinen, dass sie vergangen, sondern lächeln, dass sie gewesen.“ An diesem Spruch bin ich täglich mehrfach vorbei gelaufen. Das hat mich wohl geprägt.

In meinem Alltag erlebe ich häufig folgende (oder ähnliche) Situationen: Jemand erzählt mir von etwas Schlimmem oder Ärgerlichem oder Verletzendem, was er oder sie erlebt hat. Dieser Mensch ist dann in entsprechend gedrückter Stimmung. Das ist verständlich. Im weiteren Gesprächsverlauf wird dann aber oft deutlich, dass durch dieses negative Erlebnis viele positive Erlebnisse davor – womöglich noch mit derselben Person – nur noch negativ bewertet werden oder völlig nichtig sind. Das finde ich extrem schade.

Ich frage mich manchmal, warum es vielen Menschen so schwer fällt, das Gute in ihrem Leben das Gute sein zu lassen.

Menschen, die es genau umgekehrt machen, wirken auf mich – und andere – viel zufriedener, glücklicher, friedvoller. Diese Menschen gibt es ja auch, die Schweres erlebt haben und darüber den Blick auf das Gute behalten haben. Solche Menschen begeistern mich, sind mir Vorbild. Bei diesen Menschen gucke ich, wie das gehen könnte, leichter durchs Leben zu kommen, auch wenn es mal schlecht läuft.

Und die Richtung, in die wir schauen, beeinflusst nachhaltig die Richtung, in die wir uns bewegen. Wenn ich also auf die Freude schaue, werde ich mich auch mehr und mehr in Richtung Freude bewegen. Das ist doch eine schöne Perspektive.

Wenn es also mal wieder nicht so rund läuft, lohnt es sich, den Blick auf bereits erlebte Freuden zu richten, Dankbarkeit dafür zu üben, Randbedingungen dieser Freude deutlich in den Blick zu bekommen und die eigene – innere und äußere – Motorik entsprechend in Gang zu setzen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Günstige Gelegenheiten

Der Ausgangspunkt für die großartigsten Unternehmungen liegt oft in kaum wahrnehmbaren Gelegenheiten. (Demosthenes) - www.doppelpunkt-praxis.de

Der Ausgangspunkt für die großartigsten Unternehmungen liegt oft in kaum wahrnehmbaren Gelegenheiten. (Demosthenes) – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Eigentlich weiß ich ja, was eine Gelegenheit ist. Aber ich finde es immer wieder spannend, auch bei mir bekannten Wörtern und Dingen noch einmal zu schauen, was ich dazu finde. Im Wiktionary steht unter Gelegenheit: „Eine Gelegenheit ist eine günstige Aussicht, die im Gegensatz zu einem Risiko steht.“

Oder bei Wikipedia: „Eine Gelegenheit bezeichnet die Möglichkeit, ein bestimmtes Ereignis wahrzunehmen, das unter anderen Umständen oder zu anderen Zeitpunkten mit Nachteilen verbunden oder gar nicht mehr wahrnehmbar ist. Typisch bei diesem Begriff ist der seltene Charakter, den das in Kontext beschriebene Ereignis mit sich bringt.
Eine geläufige Redewendung lautet „Die Gelegenheit ist günstig“, was den einmaligen oder seltenen Augenblick des angepeilten Ereignisses weiter hervorhebt und somit häufig in der Werbebranche Verwendung findet.“

Für mich bietet das Leben permanent Gelegenheiten. Insofern sind die für mich gar nicht so selten. Es sind nur ständig verschiedene Themen für die sich mir Gelegenheiten bieten. Meist versuche ich, diese Momente dann zu nutzen, was einer inneren Grundhaltung entspricht. Das bedeutet nicht, dass ich da jeweils schaue, was ich für mich daraus machen kann. Vielmehr geht es mir darum, was ich Gutes aus der Situation für alle im Moment beteiligten machen kann. Und dann bin ich immer wieder überrascht, welche Effekte das nach sich zieht.
Ich bin mir sicher, dass wir jeden Tag hunderte, wenn nicht tausende kleine und allerkleinste Momente geschenkt bekommen, in denen wir etwas Gutes tun können. Weiter bin ich davon überzeugt, dass sich das positiv auswirkt, in meinem Leben und darüber hinaus.

Wichtig ist dabei für mich, diese Grundhaltung zu finden und aufrecht zu erhalten, dabei absichtslos zu sein – in dem Sinne, dass ich einen ganz konkreten Effekt für mich erzielen möchte.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Zeit haben

Keine Zeit ist keine Tatsache, es ist DEINE Entscheidung. - www.doppelpunkt-praxis.de

Da lese ich diesen Satz, dass es also MEINE Entscheidung ist, ob ich Zeit habe. Das finde ich im ersten Moment ziemlich ärgerlich. Es macht mich wütend. Mein Tag ist voll. Ein Termin folgt auf den nächsten. Viele Verpflichtungen fordern mich. Ich sehe zu, dass ich das alles irgendwie hinbekomme. Und dann sagt da jemand, es sei meine Entscheidung, ob ich Zeit habe. Das ist doch eine Frechheit. Ich bin so oft fremdbestimmt in meiner Zeit. Wie gern hätte ich Zeit für Dinge, die mir Freude machen, für Menschen, die mir wichtig sind. Aber ich habe diese Zeit eben nicht. So erleben das vermutlich viele Menschen. Aber ist es wirklich so?

Ich habe mich mal entschieden, den Beruf zu ergreifen, den ich aktuell ausübe. Da war mir klar, dass der viel Zeit von mir fordern wird. Und ich habe mich dafür entschieden. Es folgte die Selbständigkeit, die natürlich einen hohen zeitlichen Einsatz fordert. Auch dafür habe ich mich entschieden. In meiner Lebensplanung kamen Kinder vor. Sie wurden auch Realität, sind die größten Geschenke in meinem Leben. Zwar war meine Vorstellung davon, wieviel Zeit Kinder brauchen etwas anders als die beiden es mir dann zeigten, aber grundsätzlich war klar, dass Kinder viel Zeit brauchen würden. Und ich habe mich dafür entschieden. Ich habe eine alte Mutter. Diese Beziehung pflege ich so, wie es für mich richtig ist, was Zeit braucht. Und auch hier habe ich mich dafür entschieden, es so zu tun und daher diese Zeit zu haben. Und so könnte ich noch eine ganze Weile weiter machen. Wo ist also die Zeit, über die ich nicht selbst entscheide? Es gibt Krankheitszeiten, da läuft das anders mit der Zeit. Seltsamerweise haben wir da plötzlich Zeit für Dinge, für die wir vorher immer meinten, keine Zeit zu haben.

Ich gebe zu, dass ich es bisweilen schwierig finde, die Zeit da zu haben, wo ich es für eine bestimmte Sache ideal fände. Weiter gebe ich zu, dass es manchmal bequem ist zu sagen „ich habe keine Zeit, ich muss arbeiten (oder was auch immer an dieser Stelle kommen kann)“. Das ist für mich, als könnte ich für einen Moment ein wenig Verantwortung abgeben. Die Formulierung legt ja nahe, dass ich schon wollte, aber leider eben nicht kann, weil andere Dinge wichtiger sind. Das entlastet mich. Wenn ich aber ehrlich mit mir bin, muss ich mir eingestehen, dass es mehr Mühe kostet, dann zu schauen, wo und durch welche organisatorischen Maßnahmen ich die Zeit finde, ich für etwas haben möchte. Und wenn mir etwas oder jemand wichtig ist, lässt es sich nahezu immer realisieren, dass da die Zeit ist.

Wenn also jemand mich fragt, ob ich für ihn Zeit habe, kann die Antwort nicht sein, dass ich sie nicht habe, sondern …

Autor: Ulrike Dauenhauer