Advent, Advent, ein Lichtlein brennt …

Advent Kranz Kerzen

Jeder dürfte diesen Spruch kennen. Und nun ist es wieder soweit: die Adventszeit beginnt. Viele freuen sich darauf, manche freuen sich allerdings darauf, dass es bald wieder vorbei ist mit dem Weihnachtsrummel.

Die Einstellung und innere Haltung zur vorweihnachtlichen Zeit ist nicht nur individuell verschieden, sondern hat sich auch im Laufe der Jahrhunderte verändert.

Wer sich diesbezüglich informiert hat, weiß z.B., dass ein großer Limonadenhersteller den Weihnachtsmann erfunden haben soll. Im englischen heißt er Santa Claus, ein klarer Hinweis auf den Hl. Nikolaus, dessen Namenstag am 6. 12. gedacht wird. Allerdings gab es schon seit Luthers Zeiten eine Verschiebung vom Nikolaus zum Christkind, was mit der protestantischen Ablehnung der katholischen Heiligenverehrung zu tun hatte.

Auch der Weihnachtsbaum hat seinen Ursprung nicht in der biblischen oder urchristlichen Tradition. Unsere Vorstellung von Tannenbaum und weißer Weihnacht ist offensichtlich geografisch geprägt und hat mit der globalen Idee der Geburt des Sohnes Gottes nicht zu tun. Für viele Europäer ist Weihnachten in Australien unter Palmen am gelben Sandstrand unvorstellbar.

Die Zeit davor, Adventszeit, die Zeit der Erwartung (von lat. adventus = Ankunft) war ursprünglich eine Zeit der Besinnung und Buße, denn das Warten sollte auch an das zweite Kommen Jesu („Wiederkunft“) erinnern. Es war eine Zeit des Fastens, so dass die Feier der Geburt Jesu ein wahres Fest wurde. Und heute? Weihnachtliche Leckereien gibt es seit Sept in den Supermärkten – gefastet wird, so nimmt man es sich vor, im neuen Jahr. Verkehrte Welt!

Vielleicht ist auch aufgefallen, dass die „Alte Kirche“ und in deren Folge die orthodoxe Christenheit die Geburt Jesu nicht Ende Dezember, sondern Anfang Januar feiert. Die röm.-kath. Kirche hat schon vor ewigen Zeiten eine Verschiebung vorgenommen, um den „Heiden“, die die Sonnenwende feierten, entgegen zu kommen. Nun, da wir keinen standesamtlichen Eintrag von der Geburt Jesu in Nazareth haben, ist jegliche Tradition sowieso willkürlich. So gesehen ist es egal, wann Weihnachten gefeiert wird und ob überhaupt.

Ich wünsche allen Lesern, dass es gelingen möge, diese Zeit am Jahresende so zu gestalten, dass man mit möglichst viel Zufriedenheit den Jahresabschluss erleben kann. Und immer schön brav sein, sonst gibt es die Rute  😉

© Matthias Dauenhauer

Onanie zu Weihnachten

Auf die Frage des Psychoanalytikers, ob er sich selbst befriedige, antwortete der Patient: „O! Na! Nie!“

Vielleicht ist jemand enttäuscht, wenn er jetzt erfährt, dass es hier nicht um „Masturbation unterm Weihnachtsbaum“ geht. Es geht in diesem Artikel um die Onanie in ihrer ursprünglichen Bedeutung.

Seit langer Zeit wird die Onanie mit Selbstbefriedigung gleichgesetzt. Völlig zu Unrecht! Der Begriff wird auf eine Begebenheit aus dem Alten Testament (1. Mose 38) zurückgeführt, in welcher ein Mann namens Onan sich weigert, seinem verstorbenen, kinderlosen Bruder „Nachkommen zu schaffen“, mit anderen Worten: die Witwe zu schwängern. Bei der sogenannten Schwagerehe (= Levirat) sollte der so gezeugte Nachkomme als Sohn des Bruders gelten, der dadurch doch noch einen Erben hat. Onan legt sich zwar zur Witwe, vollzieht dann aber einen Coitus interruptus: er ließ seinen „Samen auf die Erde fallen“. Zu dieser Schwagerehe wäre Onan gesetzlich verpflichtet gewesen. Diese Ordnung, seinem verstorbenen Bruder einen Nachkommen zu zeugen, war sozial motiviert. Seine Weigerung war also genau genommen eine Verweigerung, soziale Pflichten zu übernehmen. Dafür habe ich den Begriff Sozial-Onanie geprägt.

Seit Jahrzehnten ist zunehmend zu beobachten, wie die Sozial-Onanie – gerade zu Weihnachten – zunimmt. Man beschenkt sich, man beschenkt andere. Oftmals wird genau aufgerechnet, wer wie viel zu bekommen hat. Seien wir ehrlich: viele Geschenke sind überflüssig. Oftmals beschenkt man Menschen, die sowieso genug von allem haben. Und die es einem in anderer Form wieder zurückschenken. Keine Frage, das ist gut für die deutsche Wirtschaft. Aber vom Sinn des Schenkens ist das doch weit entfernt. Macht es nicht viel mehr Freude, die zu beschenken, die es gar nicht erwidern können? Kinder oder Arme, Flüchtlinge und Asylanten, Arbeitslose und Obdachlose?

Wäre nicht gerade Weihnachten auch eine Gelegenheit einmal darüber nachzudenken, wo wir als Staat, als Gesellschaft, als Kommune, als Kirchengemeinde, als Familie, als Einzelner uns der sozialen Verantwortung entziehen!? Wo wir Sozial-Onanie betreiben!?
Im erweiterten Sinne gibt es schon so etwas wie materielle Selbstbefriedigung …

Ich will nicht einseitig darstellen. Zu Weihnachten gibt es auch viele Menschen, die für soziale Projekte spenden. Nicht umsonst nehmen die Bettelbriefe und Spendenaufrufe gerade in der Adventszeit flutartig zu. Diese Hilfsbereitschaft ist erfreulich, selbst wenn sie manchmal nur das schlechte Gewissen beruhigt. Wäre die vorweihnachtliche Zeit nicht eine Chance, sich umzuschauen und sich Gedanken zu machen, wo, wie und wem gegenüber wir soziale Verantwortung tragen? Und darüber hinaus: soziale Verantwortung sollte nicht nur zu Weihnachten wahrgenommen werden. Sie sollte unser tägliches Leben begleiten.

Die biblische Geschichte berichtet zwar von einem unschönen Ende für Onan. Manchmal scheint es aber heute, als ginge es den Geizkragen, Egomanen und Sozial-Onanisten irgendwie besser als den Großzügigen, Spendablen und sozial Engagierten. Ich glaube, der erste Eindruck täuscht! Die Erforschung des menschlichen Glücks hat wiederholt gezeigt, dass das alte Prinzip „Geben ist seliger als Nehmen“ auch noch heute gilt. Andere zu beglücken schafft eigenes Glück.

Na denn: viel Glück! Und gesegnete Weihnachten!

© Matthias Dauenhauer