DOPPEL:PUNKT – Der kleine Unterschied

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Im Gegensatz zu einem Punkt, welcher das Ende eines Satzes markiert (auch umgangssprachlich: „Jetzt mach aber ´mal einen Punkt!“) will der Doppelpunkt zeigen: Es geht noch weiter! Es folgt noch eine Information oder sogar eine Aufzählung. Der Doppelpunkt stellt somit eine Ankündigung dar, eine Andeutung, dass es weiter geht, dass es noch nicht vorbei ist. Er beendet zwar eine Aussage und macht zugleich deutlich, dass etwas Neues beginnt.
Dies war übrigens einer der Gründe, warum wir unserer psychotherapeutischen Praxis einen Namen mit Bedeutungshintergrund gegeben haben und nicht einfach nach unserem Nachnamen. Wir wollten schon im Namen deutlich machen wovon wir überzeugt sind: dass eine Krise nicht das Ende bedeutet oder der Weltuntergang ist. Es gibt ein Danach! Irgendwie geht es weiter. Das gilt es herauszuarbeiten. Dabei wollen wir unterstützen, helfen, erleichtern. Der Doppelpunkt macht den Unterschied zwischen Resignation und Hoffnung.
Wenn man den Doppelpunkt aber nicht wie üblich als zwei Punkte über-, sondern nebeneinander schreibt, hat dies wieder eine andere Bedeutung. Diese zwei Punkte verändern im deutschen die Vokale. Aus A wird Ä und aus U wird Ü und aus O wird Ö.
Bei einem bestimmten Verb führen diese zwei kleinen Pünktchen zu einem enormen Unterschied im zwischenmenschlichen Umgang. Es handelt sich um die Aufforderung: „Fordern“. Der Doppelpunkt auf dem o macht aus „fordern“ ein „fördern“. Und dass sich das für den Empfänger der Botschaft sehr viel anders anhört und anfühlt, dürfte leicht nachvollziehbar sein.
Gerade jetzt in den letzten Wochen des Jahres fallen wieder viele in den Herbst- und Winter-Blues. Die Depression in der dunklen Jahreszeit macht so manchem zu schaffen. Gerne macht man diesen Leidenden sanften Druck und fordert: „Geh doch mal spazieren! Draußen scheint die Sonne! Das tut dir gut!“ Was der Laie nicht weiß: der depressiv Erkrankte möchte – und kann nicht! Statt ihn zu fordern, wäre es hilfreicher, ihn zu fördern: „Draußen scheint die Sonne! Ich mache jetzt einen kurzen Spaziergang. Wenn Du möchtest, kann Du mich begleiten!“ Hier wird dem Depressiven die Wahl gelassen. Ich respektiere seinen Wunsch oder akzeptiere seine Grenzen. Auch muss ich damit leben, wenn er meine Einladung ablehnt. Aber er fühlt sich gefördert statt gefordert. Was fühlt sich besser an?
Diese und andere Gedanken zum Umgang mit depressiven Menschen findet sich in meinem Buch: „Und wo bleibe ich? Leben mit depressiven Menschen. Ein Leitfaden für Angehörige“. Es wurde in den 90er Jahren verfasst, als die Aufklärung über die Volkskrankheit Depression noch in den Kinderschuhen steckte. Inzwischen ist das Buch in der vierten Auflage für 12,40 € im Handel und es gibt auch eine französische Übersetzung.
© Matthias Dauenhauer

Zukunft ermöglichen

Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen. (Antoine de Saint Exipery) - www.doppelpunkt-praxis.de

Ich habe noch nie was von Horoskopen gehalten. Auch Wahrsager sind nicht mein Ding. Natürlich mache ich mir auch immer wieder Gedanken über die Zukunft. Ich phantasiere darüber, ich plane Dinge, manchmal befürchte ich auch was (aber sehr selten).

Die Zukunft spielt für uns alle eine Rolle. Ich kann darüber positive Phantasien spinnen oder eben auch negative. Und ich glaube, dass das auch Auswirkungen darauf hat, wie es uns weiterhin gehen wird. Insofern fängt die Zukunft immer gerade jetzt an. Jetzt in diesem Moment habe ich die Chance, mir ein positives Bild zu machen, von dem, was kommen kann, was ich für machbar halte, was mir erstrebenswert erscheint, was mich dankbar macht, was nachhaltig ist, was gesund ist, wie sich das anfühlt (gesund, positiv, nachhaltig etc). Mit meinen Gedanken kann ich einen Beitrag zur meiner Zukunft leisten.
Ich ziehe positive Bilder und ermutigende Ziele vor.

Dann gehört für mich noch dazu, wie ich die vergangenen Dinge bewerte. Wenn ich in allem, was nicht perfekt gelaufen ist, einen Misserfolg sehe, wird es mit der guten Zukunft schwierig. Wenn ich in nicht so gelungenen Dingen noch das Quentchen Glück entdecken kann, wird das meine Motivation in die Erreichung meiner Ziele eher beflügeln und meine Frustration begrenzen.

Es lohnt sich also, sich darüber Gedanken zu machen, wie ich mit meinen inneren Bildern eine gute Zukunft leichter möglich machen kann.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Wenn Streit weiter wirkt

Zanke niemals in Gedanken mit jemand. Das verbittert das Gemüt oft mehr als wirklicher Streit und ist die Ursache vieler innerer Unruhe. (Carl Hilty) - www.doppelpunkt-praxis.de

Wer kennt das nicht, dass einen ein Streit nicht loslässt? Ich erlebe hier in meiner Arbeit immer wieder Menschen, die mit jemand Streit hatten oder etwas als verletzend empfunden haben und darunter leiden. Dann werden mir Geschichten erzählt, die manchmal schon Jahre oder Jahrzehnte her sind. Aber der Mensch, der vor mir sitzt, erlebt es, als wäre es gerade jetzt, in diesem Moment, wo er mir dies erzählt. Da wird durch die Erzählung die ganze alte Geschichte wieder so aktuell, als würde sie jetzt ablaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt, wo mir diese Geschichte erzählt wird, wurde sie meist schon etliche Male erzählt, teils hörbar für einen anderen, teils unhörbar im eigenen Kopf. Und jedesmal wirkte sie, als wäre es genau jetzt so, als hörte der Mensch die verletzenden Worte jetzt und würde den Schmerz über diese Situation jetzt erleben. Da wirkt der Streit in Gedanken also schon sehr lange und die Wunde in der Seele kann nicht heilen oder wird sogar mit der Zeit immer tiefer.

Wenn wir in Gedanken eine Auseinandersetzung fortsetzen, uns weiter grämen, weiter dem anderen grollen, weiter die Ungerechtigkeit, die uns widerfahren ist, füttern, verbittert das Gemüt. Die Seele leidet weitaus länger als nur in dem Moment, wo das Unrecht geschehen ist. Somit vertiefen wir selbst den Schmerz, wenn wir uns im Innern nicht davon weg bewegen, nicht in uns einen Weg finden, diesen Schmerz zu beenden, indem wir beginnen, ihn los zu lassen.

Dazu kann es verschiedene Wege geben. Wir schauen in unserer Arbeit hier mit jedem einzelnen, welcher Weg für ihn gangbar ist und wie er seinen inneren Frieden wiederfinden kann. Auch wenn ich mit dem anderen vielleicht keinen Frieden machen kann, kann ich ihn doch in mir selbst finden. Allein ist das nicht immer so leicht, weil wir in unseren Gedankenkreisen festhängen. Aber gemeinsam lässt sich da viel bewegen, helfen Sichtweisen von außen und bis zu dem Moment neue Impulse und auch körperliche Erfahrungen, wie es sich anders anfühlt, wenn es in einem wieder ruhiger und friedlicher wird. Nachlassender Schmerz ist spürbar. Und dieses Gefühl, dass es leichter wird, hilft, den Weg dann weiter zu gehen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Wunder

Wie definiere ich Wunder?
Ich weiß es nicht! Ich erlebe sie. Immer wieder. In meinem Alltag , ganz unerwartet.
Oder ich bekomme von ihnen durch Berichte anderer mit.
Ich erlebe sie als bereichernd, als beglückend, als besonders.
Und weil ich Wunder erlebe, glaube ich an Sie. Oder eben auch anders herum: weil ich an sie glaube, erlebe ich sie. Und meine Definition ist da völlig unerheblich.

An Wunder glauben

An Wunder glauben

Ich wünsche Euch eine Wunder-volle Zeit!
Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Älter werden fängt heute an

Neugierig auf das Leben bleiben, finde ich eine tolle Sache. Ich mag Menschen, die sich interessiert zeigen an ihren Mitmenschen, an dem, was in der Welt passiert, an Neuem und Entwicklungen in diesem oder jenem Gebiet. Solche Menschen ziehen mich an, sind mir Vorbild.
Wenn ich später mal in guter Gesellschaft – und eben nicht allein – sein will, ist es vermutlich hilfreich, wenn ich mir selbst diese Neugier bewahre. Denn dann werden voraussichtlich auch Menschen – auch jüngere, die mich dann mit ihrem Wissen bereichern – um mich sein. Ich freue mich also auf interessante Gespräche und inspirierende Begegnungen heute und später.

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.deÄlter werden fängt heute an

Kein Grund zur Panik

Seit vielen Jahren mag ich die Texte von Jörn Pfennig. Hier ein Gedicht für junge, mittelalte und alternde Paare:

Kein Grund zur Panik

Irgendwann wird auch unsere
anfangs so unsterblich
scheinende Lüsternheit
verfliegen.

Doch warum sollte
unsere Liebe
Schaden nehmen
und unsere Zärtlichkeit
nicht weiterleben?

Aus der Hitze
wird Wärme werden
und wenn uns das
nicht erschreckt
wird die Kälte
keine Chance
haben.

(von Jörn Pfennig: http://www.joernpfennig.de/ )

Meine Urgroßmutter

Ich hatte noch das große Glück, mit einer Uroma groß zu werden. Und heute ist der Tag, wo ich diese Frau, die mich sehr beeindruckt und auch geprägt hat, hier zu Wort kommen lassen und sie damit ehren möchte.

Meine Uroma lebte von 1889 bis 1982. So habe ich sie immerhin bis zu meinem 17.Lebensjahr erleben dürfen. Sie war eine kleine Frau, die innerlich aber ziemlich groß war. Ich habe sie als eine wirklich weise und gütige Frau erlebt. Einer ihrer Aussprüche begleitet mich seit vielen Jahren durchs Leben und hat mir oft geholfen, wenn es mir gerade nicht gut – oder auch wirklich schlecht – ging.

Dieser Satz heißt: „Kein Unglück ist so groß, als dass nicht noch ein Stückerl Glück dabei wäre.“

Meine Uroma hat zwei Weltkriege erlebt. Wenn sie von Unglück sprach, wusste sie, was sie meinte. Sie hatte wirkliches Unglück erlebt, erlitten und überlebt. Es hat sie nicht hart und verbittert gemacht, sondern weich und weise. In ihrem Satz spricht sie nicht nur von Unglück, sondern sie sagt „kein“. Es gibt also keine Ausnahme. Jedes Unglück, was einem widerfahren mag, ist von ihr gemeint. Es kann nicht so hart kommen, dass ihre Weisheit keinen Bestand mehr hätte. Weiter sagt sie, dass da ein „Stückerl Glück“ dabei wäre. Hier geht es also nicht um den großen Ausgleich, dass man für großes Unglück irgendwann großes Glück erwarten dürfte. Nein, ein kleines Stück ist gemeint. Es gibt also diesen Funken Hoffnung, der einen ermutigen kann, weiter durchzuhalten oder zu kämpfen, denn da ist irgendwo versteckt ein Stückchen Glück.

Wann immer ich in solchen Situationen in meinem Leben war, wo ich mich fragte, was das alles soll, welchen Sinn das alles haben könnte, half mir Omas Satz. Ich habe vor Jahren beschlossen, dass dieser Satz der einzige in meinem Leben sein soll, den ich nicht hinterfragen werde, sondern der immer gültig sein soll. Und wenn es dann eben dicke kam und ich verzweifelte und aufgeben wollte, dann dachte ich an meine Uroma und ihren Satz. Und dann fing ich an, zu suchen. Das „Stückerl Glück“. Natürlich habe ich es oft nicht gefunden, wenn ich in der Misere drin steckte. Aber ich hielt daran fest, dass es da sei, dass Oma einfach Recht hat. Es konnte dann jeweils nur an meiner Perspektive liegen oder daran, dass ich noch nicht gründlich genug geschaut hatte. Irgendwann würde ich das kleine Glück finden. Dessen war ich mir immer sicher. Und deswegen habe ich nie aufgegeben. Und bisher habe ich auch immer etwas gefunden, was dem Stückchen Glück entsprach. Manchmal hat es Jahre gedauert, bis mir klar wurde, was das Glück an jener längst überstandenen Krise war. Gelegentlich ging es auch schneller. Aber die Oma hat immer Recht behalten. Mich hat das durch viele Krisen getragen. Danke Oma Marie!

© Ulrike Dauenhauer