Die tückische Angst vor Fehlern

Der größte Fehler, den du im Leben machen kannst, ist aus Angst, einen Fehler zu machen, nichts zu tun. - www.doppelpunkt-praxis.de

Wer kennt das nicht? Da ist eine Beziehung schwierig geworden, Missverständnisse sind an der Tagesordnung, man ist verunsichert. Und aus Angst, es wieder falsch zu machen, wieder etwas Falsches zu sagen, schweigt man lieber. Man glaubt, wenn man nichts sagt, kann man schon nichts Falsches sagen. Das klingt ja irgendwie plausibel. Ist es aber nicht.

Wenn ich nichts mehr sage, ist das auch eine Form von Aggression, behaupte ich. Es kommt zu einem Kommunikationsembargo. Wikipedia erklärt den Begriff Embargo so: „Ein Embargo (von spanisch embargo ‚Beschlagnahme‘, ‚Pfändung‘) ist in der internationalen Wirtschaft und Politik die Unterbindung des Exports und Imports von Waren oder Rohstoffen in ein bzw. aus einem bestimmten Land.“
Wir verhindern also in diesem Moment aktiv etwas, was in der Beziehung wichtig ist: Kommunikation. Ohne Kommunikation passiert nämlich nicht NICHTS. Es kommt zur Vertiefung des Grabens zwischen den Seiten und jeder Neuanfang, jeder weitere Versuch wird weiter erschwert. Die Fronten verhärten sich.

Ebenso ist es mit Handlungen. Wenn ich die Befürchtung habe, meine Aktion könnte falsch sein, habe ich verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Gar nichts zu tun, ist leider nicht der Beste und auch nicht der Sicherste Weg. Nehmen wir ein Beispiel: Im Bus wird jemand grundlos angepöbelt. Dieser Mensch wehrt sich und hat damit keinen Erfolg. Andere Passagiere schauen weg und schweigen. Das kann verschiedene Gründe haben – auch solche die verstehbar erscheinen. Aber im Schweigen haben sie dem Pöbler zugestimmt. Eine Enthaltung ist in diesem Fall eine Zustimmung zum Fehlverhalten des Pöblers.

Ich kann nicht nicht-handeln. Im Unterlassen nehme ich die Folgen meines Unterlassens in Kauf, was ein noch schwerwiegenderer Fehler sein kann, als wenn ich aktiv gehandelt hätte.

Es ist oft nicht leicht, in verfahrenen Situationen einen Weg zu finden, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn es sich dabei um einen Menschen handelt, der uns wichtig ist und am Herzen liegt, sollten wir uns ein Herz fassen und etwas sagen oder tun. Wir könnten damit beginnen, dem anderen unsere Angst, es falsch zu machen, mitzuteilen. Wir könnten weiterhin an den Anfang unserer Aktion Worte stellen, die deutlich machen, welche Intention wir haben, welches Ziel wir verfolgen, dass wir wieder zueinander finden wollen, dass wir Frieden und harmonisches Miteinander wollen und mitnichten vorhaben, unser Gegenüber zu verletzen. Nach solchen „Vorworten“ wird der andere vielleicht schon etwas anders zuhören, auch wenn unsere Worte dann holprig kommen und keineswegs perfekt sind. Und wir sollten uns klar machen, dass unser Gegenüber in den meisten Fällen in einer ganz ähnlichen Situation steckt und ähnliche Ängste hat, die ihn genauso hindern, den ersten Schritt zu tun. Würde es ihm/ihr leichter fallen, säßen wir ja nicht gemeinsam so in der Falle.
Der Weg aus dieser Falle gelingt nur, wenn eine Seite den Mut hat, einen Schritt zu tun. Dabei kann es mir helfen, wenn ich zunächst versuche, zu sehen, dass es dem anderen ähnlich gehen könnte. Dann lohnt es sich, nach Dingen zu schauen, für die es sich in dieser Beziehung zu kämpfen lohnt. Was ist schön und wertvoll zwischen uns? Ich kann das formulieren und dem anderen sagen, dass ich diese Dinge schätze und erhalten bzw. wiederbeleben möchte. Und ich kann von mir sprechen und meiner Unsicherheit. Das zeigt dem anderen, dass ich in freundlicher Absicht komme. Damit entschärfe ich die Situation und trage dazu bei, dass der andere mir zuhört und meine Absicht erkennt.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Ende vom Streit

Nichts ist häufiger, als dass am Ende eines Streits beide Gegner um die Wette Unsinn reden (Ferdinando Galiani) -www.doppelpunkt-praxis.de

Wer kennt das nicht, Streit? Sicher hat jeder von uns schon einmal Streit erlebt. Manchmal ist es ein kleiner Streit, der schnell beigelegt ist. Manchmal wird daraus eine über Jahre und Jahrzehnte dauernde Familienfehde.

Je länger ein Streit dauert, umso absurder wird er meist. Mit zunehmender Länge der Auseinandersetzung kommt auch unsere Erinnerung, wer wann was gesagt oder getan hat, zum Tragen. Und unsere Erinnerung kann uns leicht täuschen. Nur neigen wir alle zu gern dazu, unseren eigenen Erinnerungen zu trauen, als wären sie Video-Aufzeichnungen in unserem Gehirn, die gegen jede Änderung oder Überarbeitung immun sei. Aber genau das stimmt nicht. Wir verändern unsere Erinnerungen permanent. Jede neue Erfahrung, die wir machen, führt zu einer neuen Bewertung bereits in der Vergangenheit erlebter Dinge. Und diese neu Bewertung des bereits Vergangenen kommt als Erinnerung in uns zum Vorschein, die uns glauben machen will, es sei alles anders gewesen (oder es stellt sich nun, nachdem weitere Informationen hinzugekommen sind, völlig anders dar).

Dann wird außer über das eigentliche Streitthema auch darüber gestritten, was bisher war und wer was gesagt hat und wie er es gemeint hat. Auch das meinen wir gern besser zu wissen, was der andere gemeint hat. Zwar handelt es sich dabei um eine Vermutung oder Interpretation. Aber wir verhalten und sprechen oft so, als wären wir da besser darüber informiert, was gemeint war, als unser Gegenüber, das gesprochen oder gehandelt hat.

Unser damit immer verworrener werdendes Bild des aktuellen Streites – veränderte Erinnerungen, Überzeugungen über den anderen und seine Motivation bzw. über Bedeutung von Gesagtem und unsere damit verbundene Selbstsicherheit hinsichtlich der „Fakten“ des Streits – macht eine Lösung immer schwieriger. Deswegen reden am Ende oft beide Seiten nur noch Unsinn. Wenn auch hier wieder nur der Unsinn der Gegenseite wahrgenommen wird – der selbst fabrizierte Unsinn jedoch als solcher nicht gesehen wird – droht eine weitere Eskalation. Wir sind vom Frieden noch weiter entfernt als vorher.

Hier ein paar Lösungsvorschläge:
– Bleibe selbst fair.
– Hinterfrage deine eigenen Erklärungen des Streits und erhebe sie nicht zur einzigen Wahrheit.
– Glaube dem anderen, was er sagt.
– Hinterfrage weniger was der andere sagt und interpretiere weniger wie er es sagt.
– Frage nach, wenn dir seltsam vorkommt, was der andere sagt. Frage nach, bis du verstanden hast.
– Signalisiere, dass du um Verstehen bemüht bist und nicht nachfragst, um dem anderen dann das Wort im Munde zu verdrehen.
– Signalisiere, dass du die Sache mit ihm lösen willst und es dir nicht ums Gewinnen geht.
– Bleibe partnerschaftlich. Da hat gewinnen-wollen nichts zu suchen.

Autor: Ulrike Dauenhauer Praxis Doppelpunkt

Wirklichkeit erfahren

Das Leben ist kein Problem, das es zu lösen, sondern eine Wirklichkeit, die es zu erfahren gilt. (Buddha) - www.doppelpunkt-praxis.de

Das Leben ist kein Problem, das es zu lösen, sondern eine Wirklichkeit, die es zu erfahren gilt. (Buddha) – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Für diesen Spruch habe ich lange nach einem Bild gesucht.

Manchmal könnte man meinen, wir er-fahren heute die Welt. Wir setzen uns ins Auto und fahren irgendwo hin. In manchen Ländern habe ich als Reisende sogar das Gefühl gehabt, dass es Menschen gibt, die wirklich nur fahren. Von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, Foto machen und wieder rein ins Auto oder in den Bus. Oder von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt, Foto machen und weiter.

Aber natürlich ist hier nicht das Fahren mit dem Auto gemeint. Wirklichkeit erfahren, bedeutet ja viel mehr. Ganz grundsätzlich muss ich dafür ja nirgendwo hin fahren. Ich muss mich sogar gar keinen Millimeter bewegen. Die Wirklichkeit kann ich überall und jederzeit erfahren. Ich muss nur dafür bereit sein. Und an dem Punkt wird es spannend, finde ich.

Wirklichkeit ist für mich nichts Theoretisches. Sie wirkt. Auf mich. Ganz konkret. Sie bewirkt etwas bei mir. Und jeder hat seine eigene Wirklichkeit. Denn die Wirklichkeit, die ich erlebe, hat immer sehr viel damit zu tun, wie ich das, was ich erlebe, einordne, also welche bereits in mir bestehenden Ordnungssysteme zum Einsatz kommen.

Da hätte ich also die Möglichkeit, diesen Moment jetzt gerade zu erleben, aber dann signalisiert mir mein Smartphone, dass es noch andere Dinge gibt. Ich habe die Möglichkeit, zu wählen, welcher Wirklichkeit ich nun den Vorrang gebe. Bisweilen erlebe ich Menschen, die scheinen sich dieser Wahlmöglichkeit nicht bewusst zu sein.

Oder ich telefoniere. Da habe ich auch eine Wirklichkeit und ein ganz wirkliches Gegenüber, auch wenn ich es nicht sehe. Aber ich kenne Menschen, die spielen nebenher noch ein PC-Spiel. Das ist eine Unart, die ich auch mal hatte. Und ich gebe zu, dass es mir nicht leicht fiel, sie zu lassen. Aber was erfahre ich denn von meinem Gegenüber, wenn ich mich nicht GANZ auf die Erfahrung mit ihm einlassen will, sondern nebenher noch was anderes mache? Was ist mir mein Gegenüber wert, wenn ich die Zeit, die ich gerade habe nicht allein in dieses Gespräch geben will, sondern nebenher noch etwas anderes – wirklich völlig unwichtiges – tue? Will ich dem anderen so wenig wert sein?

Wir leben einerseits in einer Welt mit ungeahnten Möglichkeiten. Das kann schön sein, aber auch anstrengend. Ich kann vor lauter Möglichkeiten dahin kommen, dass ich es als Stress erlebe, wenn ich nicht möglichst viel davon erlebe und das geht eben nur, wenn ich Dinge nebeneinander tue. Aber ich kann meine Aufmerksamkeit nicht wirklich teilen. Dazu gibt es genug Studien. Ich kann – mehr oder weniger erfolgreich – mit meiner Aufmerksamkeit immer wieder zwischen Dingen hin und her springen. Aber in einem Moment kann ich immer nur mit einer Sache befasst sein. Die schnelle Abfolge der Wechsel suggeriert uns, wir könnten Dinge gleichzeitig parallel tun. Der Effekt ist dann aber, dass mir auf beiden Kanälen etwas verloren geht. Ich werde letztlich ärmer, nicht reicher. Ich erfahre nicht mehr vom Leben, sondern von mehr Dingen immer weniger.

Und damit kommen wir zum ersten Satzteil, dass Leben kein Problem sei, dass es zu lösen gilt. Der Lösungsansatz, dass ich die vielen Möglichkeiten und Chancen, die mich ja alle irgendwie weiter bringen können, besser nutze, indem ich eben vieles versuche, gleichzeitig zu tun und zu erleben, ist einfach falsch.

Vielleicht hätten wir insgesamt viel weniger Probleme, wenn wir weniger lösen wollten, sondern uns vorab erstmal wirklich und intensiv auf das Erfahren einlassen würden, womit wir beim zweiten Satzteil wären. Damit würden manche Lösungsideen nämlich nicht mehr Theorien sein über etwas, worüber wir nachgedacht haben. Wir hätten echte Erfahrungen, die vielleicht plötzlich aus einem Fakt, den ich aktuell noch als Problem definiere, eine neue Einsicht werden ließen.

Ich erlebe nicht selten in meiner Arbeit, dass geduldiges und detailliertes Nachfragen beim Gegenüber bewirkt, dass er sein „Problem“ ganz neu sieht und selbst schon die Lösung findet. Oder ich mache mit meinem Gesprächspartner die erstaunliche Feststellung, dass er/sie mir über „das Problem“ manches gar nicht sagen kann, weil er/sie sich auf die Erfahrung gar nicht wirklich eingelassen hat. Es wird etwas als großes Problem dargestellt, aber es ist dem Sprecher so unbekannt, dass er/sie mir viele Details dazu gar nicht sagen kann. Das finde ich schon bemerkenswert.

Wenn ich mich auf Erfahrungen einlasse – also im Moment bin, wo ich etwas erlebe und versuche, dies mit allen Sinnen zu erleben – werde ich vermutlich viel mehr über das Leben und mich selbst erfahren, als wenn ich mich zu oft mit dem Lösen – bisweilen vermeintlicher – Probleme beschäftige.

Und deswegen wünsche ich allen, die diesen langen Text nun bis hierher gelesen haben, viele ermutigende und stärkende Erfahrungen.

Autor: Ulrike Dauenhauer Praxis Doppelpunkt

Klartext

Wer Klartext redet, riskiert, verstanden zu werden. - www.doppelpunkt-praxis.de

„Ja wie jetzt, ich will doch verstanden werden!“, wird wohl mancher denken. Immer? Will ich wirklich immer verstanden werden? Oder gibt es auch Situationen, wo es mir ganz recht ist, wenn ich nicht gleich verstanden werde?
Warum reden dann so viele Menschen per „man“ statt per „ich“? Warum wird dann so gerne verallgemeinert? Hinter Verallgemeinerungen und Aussagen per „man“ kann ich meine eigene Meinung verstecken. Da habe ich bei Gegenwind oder Fragen die Möglichkeit, mich rauszureden. Wenn ich spreche, höre ich mir immer auch selbst zu. Jedes Reden ist auch eine Form der Selbstbeeinflussung. Wenn ich also per „man“ spreche, vermittle ich mir selbst etwas über mich. Ich gebe mir selbst den Eindruck, dass es um eine Reihe anderer Leute geht, nicht aber um mich. Nehmen wir mal ein Beispiel: Mein Vater pflegte zu sagen: „Man müsste mal wieder das Auto waschen.“ Da war er in gewisser Weise fein raus. Er appellierte an seine Zuhörer, Frau und Kinder, gab aber keinen konkreten Auftrag oder Befehl. Es klang ganz harmlos und so erschien er sich dann vermutlich auch. Für uns war dennoch klar, dass WIR SEIN Auto waschen sollten. Das haben wir auch immer brav gemacht. Aber für sich blieb er unklar und vernebelte sein Bild von sich selbst. Das wirkte vermutlich wie ein Weichzeichner beim Foto. Er erschien sanfter für sich. Klar wäre gewesen, wenn er gesagt hätte: „Könnt ihr mir bitte das Auto waschen?“ Was aber hätte er damit gesagt? Er hätte sich ein wenig demütig gezeigt. Denkbar wäre auch gewesen: „Ihr wascht heute Nachmittag das Auto!“ Das wäre ein Befehl gewesen und hätte ihm selbst – und uns – ein anderes Bild von ihm vermittelt. Klare Hierarchie. Gegen die hätten wir vielleicht aufbegehrt. Wir hätten den Klartext verstanden und wären womöglich nicht damit einverstanden gewesen. So konnte er Teile seiner Persönlichkeit vor sich und uns verschleiern oder eben weichzeichnen.
Somit sind wir wieder bei der Frage: Will ich wirklich verstanden werden?
Wenn ich jemandem etwas Unangenehmes sagen will oder muss, ist das bisweilen nicht einfach. Ich muss damit rechnen, dass der andere darauf wenig erfreut reagiert. Auch hier habe ich die Möglichkeit, mit bestimmten Floskeln oder Formulierungen dafür zu sorgen, dass es erstmal „ganz nett“ klingt. In besonderer Form kennen wir das aus Arbeitszeugnissen, wo freundlich verpackt ziemliche Abwertungen oder negativ Bewertungen abgegeben werden können. Wenn man gelernt hat, diese Formulierungen zu lesen, versteht man sehr wohl, dass das, was im ersten Moment so positiv klingt, eine harte Kritik ist. Wer da Klartext redet, riskiert Ärger vor dem Arbeitsgericht. Das Zeugnis darf nicht offen negativ sein, schreibt der Gesetzgeber vor. Aber selbst im privaten Lebensbereich überlege ich gut, wie klar ich jemandem meine Meinung sage. Viele Menschen beenden Beziehungen heute indem sie einfach irgendwann nicht mehr reagieren. Es gibt in meinem Umfeld Menschen, da warte ich nun schon seit Monaten auf eine Mailantwort. Ich finde das traurig und verunsichernd, wenn ich nicht weiß, warum der andere nicht mehr mit mir redet. Auch wenn es nicht schön ist, zu hören, womit ich den anderen verärgert oder verletzt habe, gäbe ein klares Wort mir die Möglichkeit der Reaktion. Die aber will mein Gegenüber nicht oder fürchtet sie gar. Also wird nicht Klartext geredet.
Klartext reden heißt, ich übernehme Verantwortung für mein Reden und Handeln. Für mich ist das eine gute, aufrechte Haltung, die meine eigene Stärke zeigt und für mein Gegenüber fair ist. Ich kann mich damit abgrenzen von Menschen, die mit ihrem Handeln meine Grenzen überschreiten. Damit gewinne ich Kraft und verschaffe mir Respekt. Für mich hat Klartext viele positive Aspekte, erfordert aber auch Mut und die Fähigkeit, Dinge so zu sagen, dass ich den anderen damit nicht angreife, sondern Möglichkeiten für einen neuen Umgang eröffne.
Von daher möchte ich ermutigen, mehr Klartext zu reden. Für sich und für den anderen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Frieden machen

Jemandem entgegen kommen, heißt auch, die Waffen fallen lassen. www.doppelpunkt-praxis.de

Immer wieder mal kommt es vor, dass wir mit jemanden in Konflikt geraten sind. Irgendetwas ist geschehen, jemand hat etwas gesagt oder getan und schon ist da Streit. Wenn mir das passiert, geht es mir schlecht, sehr schlecht. Ich mag keinen Unfrieden. Das setzt mir emotional sehr zu, umso mehr, je näher mir der andere steht. Also möchte ich wieder Frieden haben. Das ist aber gar nicht immer so einfach zu erreichen.
Manchmal gelingt es mir, den berühmten ersten Schritt zu tun, manchmal tut es aber auch der andere. Es ist letztlich nicht wichtig, wer den ersten Schritt tut. Wichtig ist, WIE er es tut. Wenn ich mit dem anderen Frieden machen will, ist es wichtig, dass ich in mir Frieden gefunden habe. Es darf noch das Gefühl des Verletzseins da sein. Das vergeht ja nicht immer so schnell. Aber zum Frieden gehört, dass ich dem anderen jetzt nicht wieder eins auswischen will, dass ich nicht wieder ein hartes Wort sage. Ich habe ja viele Waffen in Worten und Gesten, mit denen ich an diesem Punkt den Frieden verhindern kann. Ich muss bereit sein, zu vergeben, was war. Da Vergeben ein längerer Prozess sein kann, der nicht mit einem Wort oder einer Geste erledigt sein muss, reicht die Bereitschaft zu vergeben. Wenn ich grundsätzlich bereit bin, kann ich anfangen zu vergeben. Und vergeben ist nicht gleichbedeutend mit vergessen. Was war, wird durch Vergebung nicht ungeschehen gemacht und auch nicht klein geredet. Aber der Vorfall bekommt eine andere Bedeutung und hat ab da nicht mehr die Kraft, mich weiter zu zerstören.

Wenn ich derjenige bin, der den ersten Schritt tut, möchte ich auf keinen Fall wieder „Schläge“ bekommen, weder verbal noch nonverbal. Es ist ein Schritt, der mich Mut kostet, bei dem ich mich nochmal besonders verletzlich fühle. Wenn ich mir das recht überlege, spüre ich, wie wichtig es mir da ist, dass der andere mir dann auch friedlich begegnet.
Das macht es mir leichter, innerlich auch meine Waffen fallen zu lassen, das heißt alles zu lassen, was dann doch wieder zur Fortsetzung der Auseinandersetzung führt, wo ich dem anderen doch nochmal eine „rein würge“. Keine bissigen Bemerkungen jetzt, keine bösen Blicke. Das braucht Mut und Vertrauen. Aber es lohnt sich, denn nur, wenn ich im Frieden bin, kann ich meinen Alltag wirklich leisten, kann ich den Anforderungen und mir selbst gerecht werden, weil keine Energie in einen destruktiven Prozess geht.

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Vertrauen – Misstrauen

Vertrauen - Misstrauen

Beziehungen leben von Vertrauen, das man zu einander hat. Vertrauensbruch ist auch vielfach die tiefste Verletzung, die eine Beziehung erfahren kann. Bisweilen heilen solche Brüche nicht mehr, das ist tragisch.
Aber wie kommt es eigentlich dazu, dass mir jemand vertraut? Sicher sind es einerseits verbale Botschaften, die ich aussende, dann aber auch meine Körpersprache und meine Auftreten. Erfahrungen mit dem anderen sind nicht immer als Voraussetzung möglich. Manchmal lernen wir jemanden gerade erst kennen und die Situation erfordert es, dass ich ihm oder ihr schnell vertraue. Da kann ich auf keine gemeinsame Geschichte aufbauen. Vertrauen entsteht, in dem einer von beiden einen Schritt geht. Dieser Schritt kann nicht gemeinsam gegangen werden, sondern einer muss diesen ersten Schritt tun, der in diesem Fall heißt: Vertrauen schenken! Wenn ich möchte, dass man mir vertraut, werde ich es deutlich leichter haben, wenn ich mich entschließe, den ersten Schritt zu tun und Vertrauen auf den anderen zu wagen. Das ist ein wirkliches Wagnis. Immer. Denn ich kenne niemanden bis ins Letzte. Und wir alle kennen aus den Medien – oder womöglich sogar aus eigener Erfahrung – Geschichten, wo der Mensch, der einem am nächsten Stand, das in ihn gesetzte Vertrauen gebrochen hat. Also bleibt es ein Wagnis.
Nach solchen schmerzlichen Erfahrungen fällt es schwer, wieder Vertrauen zu geben. Aber es bleibt mir nichts anderes übrig, wenn ich wieder Vertrauen erleben will, beim anderen und bei mir selbst. Ich kann nicht in einer neutralen Haltung verharren und hoffen, dass Vertrauen wieder wächst. Wenn mein Vertrauen von jemand anderem missbraucht wurde, misstraue ich in aller Regel auch mir selbst. Permanent plagen dann die Fragen, ob ich es nicht hätte ahnen können oder was mir hätte auffallen können. Ich muss also lernen, mir und meinen Wahrnehmungen wieder zu vertrauen. Das wird nicht frei von Risiken bleiben, aber es ist der einzige Weg, letztlich wieder Vertrauen zu finden. Erst einmal in mich selbst, dann in den anderen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Unsere Aufgabe

Jugend (1)

Nachdem ich zuletzt eher was zum Thema „Altern“ geschrieben habe, heute mal was über die Jugend. Ich denke, das, was hier gemeint ist, geht uns alle an. Jeder von uns kann jungen Menschen, mit denen er zu tun hat, etwas geben.
Viel wird an der Jugend kritisiert. Oft zu Unrecht, wie ich finde. Und mäkeln ist leicht. Schwerer ist es, sich der eigenen Verantwortung jungen Menschen gegenüber zu stellen. Ich denke, jeder von uns kann sich jungen Menschen gegenüber verantwortlich zeigen, nicht nur in seinem eigenen Tun, sondern auch in seinem Handeln gegenüber eben diesem jungen Menschen.
Und das hört für mich nicht auf, wenn ein Mensch 18 und damit vor dem Gesetz volljährig geworden ist.
Für junge Menschen da sein, sie ermutigen, sie lieben – besonders dann, wenn sie schwierig sind – sich für sie interessieren, ihnen zuhören, von ihnen lernen und noch mehr. Sie haben uns viel zu geben und zu sagen, wenn wir für sie da sind. Und das kann so bereichernd sein.

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Sicherheit und Unsicherheit

Ich war mal wieder auf Fortbildung. Das sind Veranstaltungen, bei denen ich oft eine Menge fremder Leute treffe, einige Bekannte und viele neue Informationen. Für mich sind das ganz verschiedene Herausforderungen. Die Informationen sind dabei die leichtesten. Manches geht mir leicht in den Kopf und bisweilen auch ins Herz. Was da nicht rein will, bleibt draußen und ist darüber auch nicht enttäuscht oder beleidigt. Die Kommunikation mit der Information ist ja eher einseitig. Ich muss da nichts zurückgeben. Die Information hat keine Erwartung an mich – der Referent vielleicht schon, aber angesichts der Menge der Zuhörer dann doch wieder nicht an mich persönlich. Insofern kann ich der Information mit interessierter Offenheit begegnen, fühle mich frei, in diesem Bereich unwissend zu sein, frei zu sein in meinem Aufnahmetempo und in meiner inneren Haltung dazu. Schön für mich ist daran, dass die Einordnung der Information einseitig läuft. Also ich ordne die Information ein, die mich aber nicht! Das entspannt mich sehr.

Bei den Leuten ist das dann ganz anders. Die Bekannten haben schon Ideen von mir, weil sie mich schon mindestens einmal erlebt haben. Diese Ideen, die sie von mir haben, kenne ich nicht wirklich. Ich habe Vermutungen, die  – vielleicht öfter als ich denke – komplett daneben liegen. Und die Menschen, die mir noch völlig fremd sind, die werden ganz schnell einen ersten Eindruck von mir erhalten. Wie mag der sein? Was werden die denken? Wie werden die mich einordnen? Das alles macht mich unsicher, leider. Diese Unsicherheit kann sich zu Angst steigern, die ich gar nicht haben will. Das ärgert mich dann, was es nun gar nicht besser macht. Meine Wirkung auf andere wird dadurch natürlich nicht wirklich besser. Ich bin uneins mit mir, und das kommt rüber. Das Gegenüber ist verwirrt und weiß nicht recht, was es mit mir anfangen soll, wie mein seltsamer Gefühlszustand einzuschätzen ist. Und wer weiß, vielleicht ist mein Gegenüber in einer ähnlich schwierigen Situation. Das ist dann natürlich eine ganz „tolle“ Konstellation. Missverständnisse sind vorprogrammiert. Statt meiner Angst und Unsicherheit wird möglicherweise Aggression wahrgenommen. Und schon geht es schief. Der Kreislauf nimmt an Fahrt auf. Meine Unsicherheit wird größer, das Gegenüber verwirrter, die Probleme nehmen eher zu. Wie kann ich da raus finden?

Ein erster Schritt kann es sein, wenn ich mir selber wieder nah komme und dabei merke, dass ich im Grunde ein ganz netter Mensch bin, den man mögen kann (nicht mögen muss). Sobald ich an mir selbst wieder sympathische Anteile entdecke, kann ich anders auftreten. In dem Moment, wo mir das gelingt, wirke ich anders und dann reagieren die anderen auch wieder anders. Wenn ich mit mir zufrieden bin, wenn ich mit mir eins bin, verwirre ich die anderen weniger. Mein Gegenüber gerät nicht in Stress, den die emotionale Unausgewogenheit in mir zuvor erzeugt hat. Die Verwirrung, die ich zuvor ausgelöst habe durch meine eigene fehlende innere Balance, weicht. Meine eigene Klarheit lässt mich klar erscheinen und macht es dem anderen leichter, auf mich zuzugehen, mir offen und freundlich zu begegnen.

Der Weg, besser mit anderen klar zu kommen, fängt also in mir selbst an. Ich muss meine Mitte finden, innerlich klar sein. Wenn ich freundlich mit mir bin, weil ich im Frieden mit mir bin, werden es die anderen auch – eher – sein. Garantien gibt es nicht.

Aber es wird bald Gelegenheit geben, das nun Reflektierte einzusetzen. Über die dann gemachten Erfahrungen werde ich an dieser Stelle berichten.

Autor: Ulrike Dauenhauer

App- Empfehlung

Das hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal eine App auf dem Blog empfehlen würde. Aber irgendwann ist immer das erste Mal. Hier also meine Empfehlung:

Critisim Simulator von Dr. Ben Furman

https://play.google.com/store/apps/details?id=com.benfurman.criticism&hl=de

Ben Furman ist ein finnischer Psychiater und Psychotherapeut und international anerkannter Experte für lösungsorientierte Therapie. Ich habe ihn in Seminaren persönlich kennenlernen dürfen und kann sagen, dass er ein sehr humorvoller, kenntnisreicher, warmherziger und effizient lehrender Mensch ist. Es ist ihm ein großes Anliegen, Lösungen aufzuzeigen für unterschiedliche Themenbereiche. Dazu hat er viel geforscht und auch veröffentlicht. Und er ist sehr freigebig und daran interessiert, dass seine Lösungen auch kostenfrei zu den Menschen kommen. Das finde ich eine ganz großartige Eigenschaft an ihm. Seine App ist kostenfrei im Appstore zu haben.

Ich habe mir diese App vor kurzem runtergeladen, als er mitteilte, dass sie zu haben ist. Neugierig habe ich mir dieses Tool angeschaut. Und ausprobiert.

Man wird zunächst aufgefordert, den Namen und das Geschlecht der Person anzugeben, der man etwas Unangenehmes oder eben Kritik mitteilen möchte. Diese Daten werden NICHT gespeichert. Sie dienen lediglich dazu, die Simulation so zu gestalten, dass ich als Nutzer ständig die Person im Blick behalte, für die ich mir hier einen Tipp holen möchte.

Anschließend folgen Fragen zum Problem, die teilweise mit Angaben aus einer vorgegebenen Liste, teilweise aber auch durch Freitext-Eingabe beantwortet werden. Am Ende des Prozesses kommt die Lösung, die wir vermutlich in bekannter – und meist wenig hilfreicher – Manier gefunden hätten. Danach geht es mit anderen Fragen weiter, die uns zu anderen Antworten führen – wieder aus Listen oder per Freitext-Eingabe. Und dabei kommt dann eine ganz andere, hilfreiche Lösung heraus. Mit diesem Vorschlag kann man nun in das Gespräch mit der betreffenden Person gehen und hat bessere Voraussetzungen, dass die Kritik vom Gegenüber auch verstanden, angenommen und umgesetzt wird und ohne die Beziehung dadurch mehr zu belasten als nötig. Ich finde das sehr gelungen und wirklich hilfreich.

Die Nachteile der App: Sie liegt nur in Englisch und Finnisch vor. Die Schrift ist sehr klein.

Weitere Informationen über Ben Furman findet man zum Beispiel hier:

http://www.benfurman.com/en/

http://de.wikipedia.org/wiki/Ben_Furman

Die herrliche Welt unter Wasser

 

Tauchen (222b)

Nun waren wir also zum ersten Mal tauchen. Ich habe mir einen Lebenstraum erfüllt. Seit ich als Kind Jacques-Yves Cousteau  (http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques-Yves_Cousteau) im Fernsehen gesehen hatte, war ich vom Tauchen fasziniert. Es hat Jahrzehnte gebraucht, bis ich mir diesen Traum nun erfüllt habe.

Zunächst galt es, einen Tauchschein zu machen, denn ich wollte Sicherheit bei der Unternehmung. Eine gute Ausbildung war für mich Voraussetzung, beim Tauchen entspannt Spaß zu haben. Also haben wir hier vor Ort Im Tauchcenter „Die Flosse“ (http://www.die-flosse.de/) im letzten Jahr unseren Tauchschein gemacht.

Und dieses Jahr gings nun tatsächlich ins Meer. Wir waren in Ägypten im Roten Meer tauchen, und es war Wunder-voll!

Ich habe nur so gestaunt über die Vielfalt an Farben und Formen, die sich unseren Augen boten. Das war für mich nochmal was ganz anderes als in Filmen oder im Aquarium, diese Größe und Endlosigkeit des Meeres zu erleben. Und darin eben diese vielen bunten Fische und Korallen.

Und als ich aus dem Meeresblau wieder aufgetaucht war, kamen mir folgende Gedanken, die ich gern hier teilen möchte:

Der weitaus größte Teil (71%) unserer Erde ist von Wasser bedeckt. Und diese Welt unter Wasser ist einmal nicht geschaffen worden für uns Menschen. Wir halten uns gern für die Krone der Schöpfung, für intelligent und besonders begabt. In Teilen mag das ja auch stimmen. In unseren Augen sind die Fische – Delphine sind Säugetiere, denen trauen wir mehr zu – so ziemlich die unintelligentesten Geschöpfe, die es gibt. Jedenfalls trauen wir denen nicht viel zu und sehen eher auf die herab. Und für diese Wesen, die in unseren Augen so gering sind – und im Meer leben ja auch noch Wirbellose und Schnecken und dergleichen – hat Gott eine Welt geschaffen, die vor Reichtum und Schönheit strotzt. Das hat mich sehr bewegt und in mir die Frage aufgeworfen, wieviel ich ihm wohl wert bin, wenn er für Fische, Wirbellose und Korallen eine solche Pracht erschafft. Das Erleben unter Wasser hat mir insofern auch wieder die Augen geöffnet für all die Schönheit, die ich tagtäglich hier über Wasser sehe und die mir manchmal dadurch, dass ich sie täglich sehe, schon so selbstverständlich geworden ist. Ich bin dankbar für diese herrliche Welt, in der ich leben darf.

Tauchen (232b)