Wissen ist Macht und Wissen ißt Macht

Dass Wissen und Macht irgendwie eng miteinander verknüpft sind,  sagt das Sprichwort: „Wissen ist Macht.“

Das Erstere macht durstig (wissensdurstig), das Zweite hungrig (machthungrig). Beide zusammen scheinen  Grundbedürfnisse des Menschen zu befriedigen.

Oft bleibt beides in der Welt der Wünsche stecken. Dann handelt es sich um Scheinwissen und Machtphantasien.

Wissen ist abzugrenzen von Ahnung, Überzeugung und Glaube, einem „Fürwahrhalten“. Wissen ist belegbar, beweisbar, nachvollziehbar. Wissen zeichnet sich auch durch das Anerkennen von Nichtwissen aus. Wissen, etwas nicht zu wissen. Dann kann man zwar von Wahrscheinlichkeiten oder von allgemeiner Überzeugung sprechen. Aber der Wissende anerkennt hier auch seine Grenzen.

Ähnlich verhält es sich mit der Macht. Einige wenige haben tatsächliche Macht, andere fühlen sich allmächtig. Wieder andere träumen von der großen Macht – vielleicht weil sie eher ohnmächtig sind!? Wenn die Macht nicht auf viele Schultern verteilt wird, sondern in der Hand eines Durchgeknallten konzentriert wird, entsteht große Gefahr. Die Weltgeschichte hat es oft genug gezeigt.

Machthaber stehen in der Versuchung, Ihre Macht dadurch aufrecht zu erhalten, indem sie den Zugang zu Wissen einschränken. Die einen verbieten Wikipedia, CNN oder kontrollieren das ganze Internet samt den sozialen Netzwerken. Wenn die Untertanen keinen Zugang zu Wissen haben, sind sie leichter zu regieren und zu manipulieren. Informationen können gefiltert werden oder sogar frei erfunden sein.

So hat es z.B. in der Kirchengeschichte auch eine lange Phase gegeben, in der die Römisch-Katholische Kirche das Lesen der Bibel verboten hatte. Mein Vater hat dies als Ministrant in Frankreich noch selbst erlebt. Nach dem Motto: „Lieber Laie, das verstehst Du eh nicht. Also brauchst Du auch nicht das Original lesen. Komm her, ich, Dein Priester, erkläre es Dir!“

Weil meine Kenntnisse die Macht des Mächtigen einschränkt, mein Wissen seine Macht reduziert, könnte man sogar formulieren: Wissen ißt Macht (auf)!

Oder wie andere es formuliert haben: Lesen gefährdet die Dummheit! Wobei es schon ein bisschen darauf ankommt, was ich lese und wodurch ich mich BILDe. Im Zusammenhang mit den Diskussionen und Vorwürfen zur Lügenpresse bekommt fundiertes Wissen wieder eine enorme Bedeutung. Wem glaube ich? Sammle ich Informationen aus verschiedenen unabhängigen Quellen und welcher schenke ich Vertrauen?

© Matthias Dauenhauer

Verdammter Sex ! ?

Unter diesem mehrdeutigen Titel erschien jetzt ein Buch in deutscher Übersetzung, das bereits 2006 in den USA (Originaltitel: Just love) für Aufregung sorgte.

Es handelt sich um eine neue christliche Sexualmoral und war Stein des Anstoßes für die röm.-katholische Kirche. Denn die Autorin, Margaret A. Farley, immerhin emeritierte Professorin für Sozialethik an der Yale Universität ist Mitglied des katholischen Ordens der Barmherzigen Schwestern. Sie löste mit dem Werk viel Verwirrung und Ärger aus, so dass das deutsche Buch mit dem Spruch „Vor diesem Buch warnt der Vatikan“ beworben wird.

Es werden klassische Themen aufgegriffen, die schon seit langem immer wieder zu Widerspruch und heißen Debatten, aber auch zu einem strikten Beharren an alten Konzepten und Auslegungen führen: Wiederheirat Geschiedener, Selbstbefriedigung, Verhütung, Homosexualität, Zölibat.

Der Vatikan reagierte auf das Buch, setze einen Prüfungsausschuss ein und die Glaubenskongregation warnte vor dem Werk als einer großen Gefahr. Unmittelbar nach der Erscheinung des deutschen Übersetzung berichtete die ARD am 3. August 2014 in ttt (Titel, Thesen, Temperamente“) davon.

Etwas älter (1986), aber nicht weniger revolutionär war das Buch des inzwischen verstorbenen katholischen Moraltheologen Herbert Haag (zusammen mit Katharina Elliger): „Stört nicht die Liebe. Die Diskriminierung der Sexualität – ein Verrat an der Bibel.“ Es ist nur noch antiquarisch zu bekommen, aber diese Anschaffung lohnt sich (gebraucht z.T. unter einem Euro).

Immer wieder geht es um die Kluft zwischen Theorie und Praxis, um den Unterschied zwischen gelebter Sexualität und kirchlich vorgeschriebener Sexualität. Die Kirche (steht hier pauschal für alle christlichen Glaubensgemeinschaften) hat den Menschen seit Jahrhunderten immer wieder Vorschriften beim Ausleben ihrer Sexualität gemacht und z. T. wurden drastische Strafen bei Zuwiderhandlungen angedroht. Begründet wurde dies regelmäßig mit der Deutungshoheit, dem wahren Verständnis in der Auslegung der Heiligen Schrift. Fatal in Zeiten, in denen ein durchschnittliches Kirchenmitglied noch nicht einmal eine Bibel zur Verfügung hatte …

Sex wurde verdammt. Alles, was mit Lust zu tun hatte, war suspekt und stand der Sünde verdächtig nahe. Das galt vor allem für Sexualität, die nur anständig war, wenn sie der Fortpflanzung diente. Verdammter Sex! Menschen, denen die kirchliche Moral egal ist, sprechen dagegen von „verdammt gutem Sex“.

Vor einigen Jahren machte ich selbst ein intensiveres Studium zum Thema: Was sagt die Bibel über Sexualität? Ohne hier auf Details eingehen zu können, kann ich doch eindeutig sagen, dass es keine homogene Sexualmoral in der Bibel gibt. Moralvorstellungen der Menschen, aber auch die göttlichen Vorschriften haben sich immer wieder gewandelt. Insofern haben sich m.E. die Kirchen immer wieder an Generationen von Menschen versündigt, wenn sie diesen ihre Vorstellungen von Moral aufgezwungen haben und bestimmte Verhaltensweisen als Sünde abgetan haben. Wie vielen wurde zu Unrecht ein schlechtes Gewissen erzeugt! Ungerechtfertigt! Mit einseitiger Auslegung und Interpretation oder durch Weglassung von Bibeltexten, wenn diese nicht zum gewünschten Ergebnis führen.

Was aber wie ein roter Faden in der Bibel zu finden ist: Trage Verantwortung für Dein Tun! Frage Dich: Dient Dein Handeln dem Leben und der Liebe? Dies ist letztlich die Quintessenz der biblischen Moral. Es bleibt eine persönliche Gewissensentscheidung. Was darüber hinausgeht, ist unnötig und eine Beschneidung der persönlichen Freiheit.

Verdammter Sex? Wie klingt als Gegensatz dazu der Sponti-Spruch: „Sex ist nur schmutzig, wenn er gut gemacht ist!“?