Leben ändern oder Ändern leben?

Wie wäre es, nicht das Leben zu ändern, sondern das Ändern zu leben? - www.doppelpunkt-praxis.de

Immer wieder höre ich, dass Menschen ihr Leben ändern wollen. Meistens meinen sie damit gar nicht ihr ganzes Leben, sondern in der Regel nur einen Teilbereich. So wollen sie ihr Essverhalten ändern oder mit dem Rauchen aufhören oder sich nicht mehr so aufregen. Bisweilen ist der Bereich, den ein Mensch ändern möchte, dann aber doch gefühlt so groß und bedeutsam, dass es sich anfühlt, als würde er oder sie das ganze Leben verändern. Und dann ist es natürlich so, dass eine Veränderung in einem Teilbereich nicht ohne Nebenwirkungen bleibt, also dass dies auf das ganze Leben seine Auswirkungen hat, die meistens auch andere Menschen – Verwandte und Freunde oder Kollegen – bemerken.

Es ist ja doch so, dass uns das Leben tagtäglich verändert. Wir wachsen, altern, machen Erfahrungen, lernen und so weiter. Wir verändern uns und erleben das als völlige Normalität. Gleichzeitig können Veränderungen – bevorstehende wie bereits eingetretene – große Ängste in Menschen auslösen. In diesen Momenten scheint es so, als wünschten diese Menschen sich, dass sich nichts in ihrem Leben verändern solle. Auch Entwicklungen, die eigentlich ganz selbstverständlich in ein Leben gehören – wie z.B. ein Wohnortwechsel – werden dann mit größten Ängsten erwartet.

Die Nicht-Veränderung ist Starre, also wenig lebendig. Leben ist Fluss in allem und damit permanente Veränderung. Vielleicht wird es leichter, sich auf das Ändern im Leben einzulassen und es zum Zentrum zu machen, wenn man sich klar macht, dass es ja ohnehin ständig mit mir passiert, ohne dass ich es bewusst intendiere. Ich ändere mich, ohne dass ich bewusst etwas dazu tue. Das beweist in meinen Augen, dass ich für Veränderung in meinem Leben eine sehr hohe Kompetenz habe. Wenn mir das öfter deutlich vor Augen ist, dann sind hoffentlich auch die anderen Veränderungen weniger bedrohlich, dann wird das Ändern womöglich sogar zu einer großen Ressource, aus der ich schöpfen kann.

Der Spruch im Bild ist einem Zitat Rilkes nachempfunden.

Autor: Ulrike Dauenhauer

Ende und Anfang der Selbstliebe

Start loving yourself and you won´t care who hates you. www.doppelpunkt-praxis.de

Es gibt viele Bücher und auch Ratgeber im Internet, die vermitteln wollen, wie man lernt, sich selbst zu lieben. Ich frage mich, warum wir das als erwachsene Menschen lernen sollen. Das setzt voraus, dass wir es nicht können oder nicht mehr können. Wenn wir es nicht mehr können, also verlernt haben, dann konnten wir es ja einmal. Aber warum haben wir es verlernt? Was ist geschehen, dass wir aufgehört haben, uns selbst zu lieben?

Wenn ein Kind geboren wird, begegnet die Welt ihm in den meisten Fällen mit viel Liebe. Das kleine Wesen mit den winzigen Fingern löst bei fast allen Menschen Faszination aus. Eltern versuchen, diesem neuen Familienmitglied alle Wünsche zu erfüllen, ihm alle Liebe, Nähe und Zärtlichkeit zu geben, die dieser Mensch braucht.

Irgendwann ändert sich etwas. Kritik zieht ein in unser Leben und beginnt, uns zu verunsichern. Die Kritik kommt daher, weil ein Gegenüber Erwartungen hat, die von uns nicht erfüllt werden (können). Plötzlich sind wir nicht mehr so gut, wie wir sind, sondern sollen anders sein oder anderes leisten. Es beginnt der Vergleich und die Bewertung. In dem Moment, wo wir einem anderen nicht mehr genügen, wie wir sind, fangen wir an, an uns zu zweifeln und beginnen, zu vergessen, dass wir uns lieben.

Leider werden wir uns dieses Zustandes oft erst viele Jahre später bewusst (oder gar nicht). Dann stellen wir fest, dass uns die Meinung anderer Menschen viel bedeutet, soviel, dass wir sie für richtiger und wahrer halten als den Blick, den wir auf uns selbst haben. Plötzlich finden wir viele Dinge an uns nicht liebenswert. Wir haben gelernt, uns durch die kritische Brille anderer Menschen zu sehen und halten diesen Blick auf uns für unseren eigenen.

In dieser Lage ist es schwer, Liebe von anderen anzunehmen und auch andere wirklich zu lieben. Deswegen fängt es damit an, dass wir lernen, uns wieder selbst zu lieben, so wie wir es als Kinder konnten, vorbehaltlos, offen und frei. Das erst macht uns frei, anderen in Liebe zu begegnen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Genau der richtige Mensch

Wenn du die eine Person suchst, die etwas in deinem Leben verändern kann, schau in den Spiegel. (www.doppelpunkt-praxis.de)

Mir begegnen immer wieder Menschen, die etwas in ihrem Leben verändern möchten: die anderen. Da ist der Ehemann, der nicht so funktioniert, wie die zugehörige Frau es gern hätte oder das Kind, das nicht den Erwartungen entspricht (wobei völlig egal ist, wie alt dieses Kind ist) oder der Kollege oder Chef oder die Geschwister. Es gibt eine Menge Leute, die nicht so sind, wie wir sie gern hätten. Das denke ich auch immer wieder mal, dass der eine oder andere in meinem Leben gern anders sein dürfte, als er/sie ist. Aber das ist nun einmal nicht die Lösung.

Vermutlich gibt es auch eine ganze Reihe Menschen, die gern hätten, dass ich anders wäre. Aber ich möchte nicht so sein, wie diese anderen mich gern hätten. Ich möchte so sein dürfen, wie ich bin, mit Ecken und Kanten, mit liebenswerten und schwierigen Seiten und mit all meinen Entwicklungsmöglichkeiten. An die glaube ich! Ich glaube daran, dass ich mich ändern kann, dass noch mehr in mir steckt, als im Moment deutlich und spürbar wird.

Leider erlebe ich immer wieder, dass diese Fähigkeit zur Veränderung anderen abgesprochen wird, oft genau von denen, die gern hätten, dass diese anderen sich ändern. Seltsame Situation.

Wenn ich mir eingestehe, dass auch ich gern hätte, dass der andere sich ändert, selbst aber mich nicht ändern möchte, dann könnte das der Beginn einer Veränderung sein. Die Bereitschaft, dem anderen etwas zuzugestehen, was ich für mich selbst haben möchte – dass ich so bleiben darf wie ich bin – könnte mir zeigen, dass die Lösung meines Problems woanders zu suchen ist. Wo aber, wenn nicht beim anderen? Also bei mir selbst!

Interessanterweise steht im Spiegel auf dem Foto folgender Satz: „Die Objekte im Spiegel, sind näher als sie erscheinen.“

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Die tückische Angst vor Fehlern

Der größte Fehler, den du im Leben machen kannst, ist aus Angst, einen Fehler zu machen, nichts zu tun. - www.doppelpunkt-praxis.de

Wer kennt das nicht? Da ist eine Beziehung schwierig geworden, Missverständnisse sind an der Tagesordnung, man ist verunsichert. Und aus Angst, es wieder falsch zu machen, wieder etwas Falsches zu sagen, schweigt man lieber. Man glaubt, wenn man nichts sagt, kann man schon nichts Falsches sagen. Das klingt ja irgendwie plausibel. Ist es aber nicht.

Wenn ich nichts mehr sage, ist das auch eine Form von Aggression, behaupte ich. Es kommt zu einem Kommunikationsembargo. Wikipedia erklärt den Begriff Embargo so: „Ein Embargo (von spanisch embargo ‚Beschlagnahme‘, ‚Pfändung‘) ist in der internationalen Wirtschaft und Politik die Unterbindung des Exports und Imports von Waren oder Rohstoffen in ein bzw. aus einem bestimmten Land.“
Wir verhindern also in diesem Moment aktiv etwas, was in der Beziehung wichtig ist: Kommunikation. Ohne Kommunikation passiert nämlich nicht NICHTS. Es kommt zur Vertiefung des Grabens zwischen den Seiten und jeder Neuanfang, jeder weitere Versuch wird weiter erschwert. Die Fronten verhärten sich.

Ebenso ist es mit Handlungen. Wenn ich die Befürchtung habe, meine Aktion könnte falsch sein, habe ich verschiedene Möglichkeiten, damit umzugehen. Gar nichts zu tun, ist leider nicht der Beste und auch nicht der Sicherste Weg. Nehmen wir ein Beispiel: Im Bus wird jemand grundlos angepöbelt. Dieser Mensch wehrt sich und hat damit keinen Erfolg. Andere Passagiere schauen weg und schweigen. Das kann verschiedene Gründe haben – auch solche die verstehbar erscheinen. Aber im Schweigen haben sie dem Pöbler zugestimmt. Eine Enthaltung ist in diesem Fall eine Zustimmung zum Fehlverhalten des Pöblers.

Ich kann nicht nicht-handeln. Im Unterlassen nehme ich die Folgen meines Unterlassens in Kauf, was ein noch schwerwiegenderer Fehler sein kann, als wenn ich aktiv gehandelt hätte.

Es ist oft nicht leicht, in verfahrenen Situationen einen Weg zu finden, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. Wenn es sich dabei um einen Menschen handelt, der uns wichtig ist und am Herzen liegt, sollten wir uns ein Herz fassen und etwas sagen oder tun. Wir könnten damit beginnen, dem anderen unsere Angst, es falsch zu machen, mitzuteilen. Wir könnten weiterhin an den Anfang unserer Aktion Worte stellen, die deutlich machen, welche Intention wir haben, welches Ziel wir verfolgen, dass wir wieder zueinander finden wollen, dass wir Frieden und harmonisches Miteinander wollen und mitnichten vorhaben, unser Gegenüber zu verletzen. Nach solchen „Vorworten“ wird der andere vielleicht schon etwas anders zuhören, auch wenn unsere Worte dann holprig kommen und keineswegs perfekt sind. Und wir sollten uns klar machen, dass unser Gegenüber in den meisten Fällen in einer ganz ähnlichen Situation steckt und ähnliche Ängste hat, die ihn genauso hindern, den ersten Schritt zu tun. Würde es ihm/ihr leichter fallen, säßen wir ja nicht gemeinsam so in der Falle.
Der Weg aus dieser Falle gelingt nur, wenn eine Seite den Mut hat, einen Schritt zu tun. Dabei kann es mir helfen, wenn ich zunächst versuche, zu sehen, dass es dem anderen ähnlich gehen könnte. Dann lohnt es sich, nach Dingen zu schauen, für die es sich in dieser Beziehung zu kämpfen lohnt. Was ist schön und wertvoll zwischen uns? Ich kann das formulieren und dem anderen sagen, dass ich diese Dinge schätze und erhalten bzw. wiederbeleben möchte. Und ich kann von mir sprechen und meiner Unsicherheit. Das zeigt dem anderen, dass ich in freundlicher Absicht komme. Damit entschärfe ich die Situation und trage dazu bei, dass der andere mir zuhört und meine Absicht erkennt.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Was ist genug?

Eines der größten Probleme ist, dass man immer meint, man hätte noch genug Zeit. - www.doppelpunkt-praxis.de

Was ist eigentlich genug?
Manchmal ist uns das klar, wann es genug ist. Dann hören wir auf zu essen oder gehen ins Bett. Es gibt aber auch diese Momente und Themen, wo das nicht so klar ist – und selbst beim Essen und Schlafen ist es ja nicht wirklich eindeutig.

Was genug ist, kann ich ja meistens erst kurz vor Schluss oder direkt am Ende feststellen. So gesehen kann ich „genug“ nicht im Voraus bestimmen. Beim Essen habe ich vielleicht eine Ahnung, wieviel ich brauche, bis ich satt bin. Bei der Zeit ist das deutlich schwieriger. Manche Menschen habe große Mühe, abzuschätzen, wie lange sie für etwas brauchen. In dieser Gruppe gibt es zwei Untergruppen. Die einen planen entsprechend großzügig, um nur ja mit der Zeit hinzukommen und sind meistens früher fertig, als es verlangt oder gewünscht wäre. Die andere Untergruppe neigt dazu, sich hier wiederholt zu verschätzen und wird dann jeweils nicht rechtzeitig fertig.

Zeit wirkt in unserem Leben ja sehr unterschiedlich. Je jünger wir sind, desto mehr Zeit meinen wir zu haben – und statistisch gesehen ist das für die Lebenszeit ja auch richtig. Aber eben nur statistisch gesehen. Vor einigen Jahren musste ich durch eine Erkrankung die Erfahrung machen, dass es ganz plötzlich hätte vorbei sein können. War es nicht, darüber bin ich sehr froh und dankbar. Aber es wurde mir deutlich, wie schnell es eben sein kann, dass die Zeit, die mir zur Verfügung steht, vorbei ist.

Wie möchte ich am Ende meines Lebens auf die Zeit, die ich hatte, zurück schauen?

Ich finde, dass es sich lohnt, diese Frage für sich zu beantworten. Das macht es einfacher, jetzt zu leben, denn das gibt mir eine Richtung vor, wie ich im Leben unterwegs sein möchte. Ich möchte die mir geschenkte Lebenszeit nutzen. Je älter ich werde, desto deutlicher wird mir, dass mir die Zeit hier geschenkt ist. Drum will ich sie nutzen, sinnvoll füllen, wertvoll machen durch meine Gestaltung. Mit anderen Worten, ich will meine Lebenszeit bewusst nutzen, will achtsam umgehen mit diesem Gut, das mir anvertraut wurde. Ich weiß ja nicht, wie viel ich noch habe.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Entwicklung und Irrtum

Entwicklung - ein Taumel von einem Irrtum zum anderen. (Henrik Ibsen) - www.doppelpunkt-praxis.de

Als ich über dieses Zitat von Ibsen stolperte, habe ich mich gefreut. In dieser Definition wird der Irrtum zu einem selbstverständlichen Teil von Entwicklung. Das nimmt Druck und baut Stress ab. Ich muss nicht fehlerfrei sein. Ich muss in allen Überlegungen, bevor ich mich für (oder gegen) irgendetwas entscheide, nicht total sicher sein. Ich kenne viele Menschen, die sich selbst blockieren aus Angst vor Fehlern. Aber hier darf der Irrtum, der Fehler vorkommen. Er gehört ganz selbstverständlich zur Entwicklung dazu. Ich lerne durch Fehler und das nicht nur in jungen Jahren, sondern auch als Mensch mit mehreren Jahrzehnten Lebenserfahrung.

Wenn ich heute zurück blicke, hat sich einiges in meinem Leben verändert. Einstellungen zum Beispiel. Dinge, die ich in jungen Jahren für gut und richtig hielt, sehe ich heute anders. Manchmal bin ich weiter geworden, manchmal vielleicht ganz anders. Aber deswegen ist das, was ich früher gedacht und entschieden habe, ja nicht falsch, weil ich es heute anders sehe (und heute ggf. auch anders machen würde, wenn ich wieder in eine sehr ähnliche Situation käme). Was ich in meinem Leben getan habe, habe ich immer mit dem Wissen und den Kenntnissen getan, die ich jeweils hatte.

In gewisser Weise habe ich es jeweils auf die beste Art, die mir damals möglich war, getan. Später kamen weitere Erfahrungen, neue Kenntnisse, andere Blickwinkel hinzu, die die Dinge von früher in einem anderen Licht erscheinen lassen. Aber deswegen sind diese Dinge nicht falsch. Ich habe mich weiter entwickelt und da gehörten manchmal auch Irrtümer dazu.

Dies heute als Entwicklung in ihrer Ganzheit – mit Rückschlägen, Fehlern und Irrtümern – zu sehen, macht mir die Rückschau leichter. Ich darf mit mir selbst gnädig sein, auch und gerade im Hinblick auf Irrtümer. Die sind nur schlimm, wenn wir drin verharren. Wenn wir sie erkennen, sind sie gute Chancen für uns, etwas anders zu machen. Und wenn wir sie im Rückblick auf unser Leben entdecken, zeigen sie uns, wie wir uns weiter entwickelt haben, weil wir diese Dinge eben jetzt anders sehen und/oder anders machen würden.

Autor: Ulrike Dauenhauer Praxis Doppelpunkt

Was ist Altern?

Altern ungute Gewohnheit

Heute war ich zur Vorsorge beim Arzt. Dienst hatte ein gut gelaunter, hoch motivierter, freundlicher und kompetenter Herr, der Vorgänger der jetzigen Inhaber. Ich vermute, dass die eigentlichen Inhaber wegen Schulferien mit den Kindern verreist sind. Gut so.
Der freundliche Mann verriet mir, dass er bald 73 würde. Ich hätte es ihm nicht angesehen. Wir unterhielten uns kurz darüber, was ich so für meine Gesundheit tue. Da war er wirklich sehr interessiert. Dann berichtete er, was er tue und dass er früher nach Feierabend nie die „Füße hochgelegt hätte“.
Ich mag solche Menschen, die mir vermitteln, dass sie mitten im Leben stehen und das diese Mitte, in der sie sich wohl fühlen und aktiv sind, nicht durch ihr Alter definiert wird.
Ich fürchte, wir haben viel zu oft verzerrte Bilder vom Alter oder von alten Menschen. Und diese Bilder in unserem Kopf verhindern nicht nur, dass wir alten Menschen (ich verwende jetzt sehr bewusst nicht den Komparativ, dann sind sie ja noch älter) unvoreingenommen begegnen. Es verhindert auch, dass wir uns ein positives Bild von unserem eigenen Altern, von uns im Alter machen. Aber ein solches positives Bild braucht es, um gut dahin zu kommen.
Ich halte es als tägliche Übung, mir mein Alter vorzustellen. Mein Bild ist folgendes:
Ich sitze mit meinem Mann auf einer Bank. Wir sind beide alt und haben weiße Haare. Die Bank steht an einem Hang – vielleicht in den Weinbergen – von dem aus man einen schönen Blick ins Tal hat. Wir tragen freundliche, helle Kleidung, halten Händchen, unterhalten uns und schauen froh und zufrieden ins Tal. Der Ort, an dem wir sitzen, ist höher als die Ortschaft. Also bedurfte es schon einer gewissen Fitness, um zu Fuß dort hin zu gelangen. Und nach diesem Spaziergang dort hinauf ruhen wir uns auf der Bank in der Sonne aus.
Dieses Bild vermittelt mir vieles:
– Wir sind noch immer zusammen.
– Wir sind körperlich in der Lage, solche Spaziergänge zu machen. Dazu brauchen wir keine Hilfsmittel.
– Wir lieben uns noch immer (halten Händchen) und sind mit dem Leben zufrieden.
– Wir kommen raus, nehmen am Leben draussen noch Anteil.
– Wir unterhalten uns, also haben wir uns immer noch was zu sagen.
Ich finde das ein positives Bild vom Alter. Da ist nichts, was mir Angst macht oder Sorgen bereitet.
Wenn ich so fit bin, wie ich es mir vorstelle, kann ich das dann hier berichten 😉

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

7 Wochen ohne …

Gestern, am Aschermittwoch, begann die Fastenzeit. Sie soll an das Fasten Jesu in der Wüste erinnern und zugleich auf das Osterfest vorbereiten. Mit dem Aschermittwoch geht auch die närrische Zeit zu Ende, in der in vielerlei Hinsicht über die Stränge geschlagen wurde. Nun beginnt die Zeit des Verzichtens, der Buße und der Reue. „Fasten in Sack und Asche“ geht auf Gepflogenheiten des Alten Testamentes zurück (z.B. Dan. 9:3). Fasten, Verzichten oder abstinent Leben sind über Jahrhunderte ausgeübte Traditionen.

Kleiner, witziger Exkurs: Wie definiert man einen Abstinenzler? Ein Abstinenzler ist eine Person, die vom Verzichten nicht genug bekommen kann. J

Die Aktion „7 Wochen ohne“ geht auf das Jahr 1983 zurück. Sie wurde von der Evangelischen Kirche ins Leben gerufen und hat seit 1989 auch bestimmte Themen, denen man sich anschließen kann: Verzicht auf bestimmte Lebensmittel, Verzicht auf Medien, Verzicht auf Geiz oder Verzicht auf Ausreden. Für 2015 wurde das Motto „Du bist schön – 7 Wochen ohne Runtermachen“ ausgerufen. Es lädt zur Selbstakzeptanz ein, in einer Gesellschaft, in welcher viel Zeit, Energie und Geld für die Selbstoptimierung aufgewendet wird.

Laut Meinungsumfragen beteiligen sich jährlich ca. 3 Millionen Deutsche an dieser Aktion. Weitere 8 Millionen verzichten während der Fastenzeit ebenfalls auf bestimmte Nahrungs- oder Genussmittel. Fasten und Verzichten liegen also durchaus im Trend.

Wozu das Ganze? Die Enthaltsamkeit bringt heilsame „Unordnung“ in den Alltagstrott, bricht alte aber nicht immer gute Gewohnheiten auf und befreit von Zwängen. Das Verzichten schenkt die Chance, seine eigenen Werte zu überdenken und sein Leben neu auszurichten.

Verzichten ist wie Entrümpeln. Verzichten schafft Platz. Es gibt dadurch auch Raum für Neues, zumindest für neue Erfahrungen. „7 Wochen ohne“ ist so gesehen auch „7 Wochen mit“! Folgerichtig wurde von der SELK (= Selbständige Evangelisch Lutherische Kirche) eine gleichnamige Aktion ins Leben gerufen, die sich nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zur ursprünglichen Aktion versteht. Bei der Aktion der SELK geht es schwerpunktmäßig um die Rückbesinnung auf die Leidensgeschichte Jesu – eine theologische bzw. spirituelle Ausrichtung.

Ein weiterer Aspekt der Aktion liegt in der Solidarität. Diese Haltung drückt die Verbundenheit mit Menschen aus, die vom Schicksal benachteiligt sind.

7 Wochen ohne? Ich will hier nicht zu einem bestimmten Handeln oder Verzichten auffordern, sondern lediglich dazu ermutigen, über das Thema Konsum bzw. Konsumverzicht nachzudenken. Und ich finde es auch in Ordnung, wenn jemand zu dem Schluss kommt, sowieso schon auf Grund seiner Lebensumstände das ganze Jahr auf Vieles verzichten zu müssen, dann zu postulieren: Ich verzichte jetzt 7 Wochen auf das Verzichten.

© Matthias Dauenhauer

Der Depression davon laufen

Vorbemerkung:

Es ist nachweisbar und unbestritten, dass Bewegung und Sport sich positiv auf die Psyche auswirken, ja man kann sogar sagen antidepressiv wirken. Um einen spürbaren Effekt zu erzielen, brauchen Medikamente gegen Depression in der Regel zwei bis drei Wochen. Aber schon nach wenigen Einheiten Bewegung spüren die meisten Depressiven eine Verbesserung ihrer Befindlichkeit. Aber so, wie eine einzelne Tablette bei Depressionen nahezu nichts bewirkt, muss natürlich auch die Bewegung regelmäßig erfolgen, wenn sie nachhaltig wirken soll. Regelmäßig heißt etwa drei- bis viermal pro Woche für wenigstens 30 Minuten. Es gibt hier wissenschaftliche Belege, insbesondere für die Ausdauersportarten wie „Joggen“. Entscheidend ist hier, dass durch die Regelmäßigkeit der Stoffwechsel umgestimmt wird. Er lernt, wieder wichtige Hormone freizusetzen.

Wie und wann fange ich an?

Depressive Menschen haben oft die Idee, mit dem Sport anzufangen, wenn sie sich besser fühlen. Das ist natürlich eine Möglichkeit, aber leider bleibt es so oft bei der Idee, umgesetzt wird sie nicht bzw. viel zu selten. Es gilt aber auch genauso andersrum: Sobald ich anfange, werde ich mich besser fühlen. Allein, den Vorsatz in die Tat umgesetzt zu haben, bewirkt ein gutes Gefühl. Und dabei muss es ja gar nicht gleich eine ganze Runde Jogging gewesen sein. Es kann ja ein kleiner Anfang sein. Aus dem Haus gehen, einen Spaziergang machen und für einen Abschnitt mal den Schritt forcieren und spüren, wie der Körper nun anders leistet und wie sich das anfühlt. Schon nach wenigen solchen Aktionen ist das Gefühl von mehr Vitalität da und die Stimmung hellt auf. So wie der Appetit bisweilen beim Essen kommt, kann auch hier die Freude beim Tun entstehen und muss nicht vorher als Anfangsbedingung gegeben sein. Also: Trotz Unlust anfangen!

Wie mache ich es richtig?

Wenn Sie es erstmal geschafft haben, das Haus zu verlassen und die ersten kleineren Trainingseinheiten hinter Ihnen liegen, geht es darum, es so zu tun, dass Sie langfristig davon profitieren und Freude daran erleben. Wenn Sie Anfänger sind, sollten Sie in kleinen Einheiten starten. 20 – 30 Minuten sind anfangs genug. Beginnen Sie locker zu gehen, steigern Sie das Tempo abschnittsweise. Mit anderen Worten: gehen Sie spazieren und bauen Sie Intervalle ein, in denen Sie das Tempo forcieren und gehen Sie dann wieder normal weiter. Dabei können Sie schauen, welche Intervalle genau für Sie gut sind. Je nachdem, wie lange Sie wenig oder keinen Sport gemacht haben, können Sie zunächst 3 Minuten forciert gehen und dann 2 Minuten normal oder dann auch im Verhältnis 4 Minuten zu 2 Minuten. Probieren Sie es aus! Wichtig ist, dass Sie mit kurzen Phasen des schnelleren Tempos beginnen. Viele erleben Frust, weil sie sich zu viel am Anfang vornehmen. Sie versuchen auf Anhieb 15 – 20 Minuten zu joggen und schaffen das nicht oder erleben es nur furchtbar. Wenn Sie 4 Einheiten von 3 Minuten forciertem Gehen und 2 Minuten normalem Gehen am Anfang praktizieren, haben Sie einen guten Grundstein gelegt, auf dem Sie aufbauen können, erleben Vitalität und einen Zuwachs an Leistungsfähigkeit und damit Freude und weitere positive Gefühle. Je regelmäßiger Sie dies tun und dabei bleiben, desto besser stabilisiert sich Ihre innere Verfassung und finden Sie auch wieder Tritt im Alltag.

Das Laufen ersetzt keine Therapie! Aber es kann sie nachhaltig unterstützen. (Artikel wird fortgesetzt)

Was nicht gesagt werden sollte

Oft schon haben mir Menschen von Streit erzählt, den sie hatten, von Auseinandersetzungen mit dem Partner oder der Partnerin, von Streit mit den Kindern oder mit sonstigen Mitmenschen. Dabei höre ich oft Dinge, die mich erschrecken. Da werden Sachen gesagt, die meiner Meinung nach besser nicht gesagt würden.

Sicher, auch ich ärgere mich bisweilen über meinen Mann. Ja, dabei kommt es auch vor, dass ich in meinen ärgerlichen oder verletzten Gedanken Worte verwende, die sehr abwertend und abschätzig sind, die ihn entwürdigen und sehr verletzen würden, wenn er sie hören könnte. Aber ich habe mir vorgenommen, diese Worte nicht über meine Lippen zu lassen. Ein gesprochenes Wort kann ich nicht mehr zurück nehmen. Und Worte können schlimme Verletzungen verursachen, die über lange Jahre nicht heilen. Sie können in der Beziehung immer für eine bestimmte Spannung sorgen, über alles einen bestimmten Film legen, durch den das Schöne mit Vorsicht genossen wird, wo ein liebes Wort oder Kompliment schnell mit einem „aber“ gehört wird, weil aus demselben Mund eben auch schon diese schlimmen, verletzenden Worte gekommen sind. Das ist dann nicht mehr umkehrbar. Und wie viele vergessen solche Worte nicht, nie?!

Ich denke, es gibt eine Art Liste an Wörtern und Formulierungen, die ich Menschen gegenüber nicht verwenden sollte, jedenfalls ganz sicher nicht Menschen gegenüber, die mir wichtig sind. Wertungen gehören für mich dazu, also so was wie „du bist doch ein echtes A….“. Denken erlaubt, aussprechen nicht! So ist meine Meinung.

Worte wirken, immer! Und ihre Wirkung ist nicht zu unterschätzen. Wir können mit Worten einen Menschen motivieren, schier Unmögliches zu leisten (schmerzhafte ärztliche Prozeduren durchhalten, gefährliche Situationen überstehen, Höchstleistung bringen im Sport oder woanders). Und wir können mit Worten verheerende Schäden anrichten. Das wird uns schnell bewusst, wenn jemand uns gegenüber mit Worten verletzend wird. Aber haben wir das auch im Blick, wenn wir anderen im Ärger begegnen? Wie oft erwarten wir, der andere solle doch. Und wir selbst?

Wie soll ich vor meinem Partner noch Respekt haben und ihn gar lieben, wenn er mich mit Schimpfwörtern, Beleidigungen und Herabsetzungen traktiert? Kann ich erwarten, dass ich noch geliebt und geachtet werde – was mir sicher wichtig ist – wenn ich meinen Partner so tituliere?

Oft denke ich in meiner Arbeit, dass es in Beziehungen besser aussähe, wenn beide Seiten mehr Sorgfalt darauf legen würden, was sie dem anderen sagen. Ich meine nicht, dass ich alles erdulden muss in einer Beziehung, dass ich Ärger immer runter schlucken sollte. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, auf diesen Ärger zu reagieren. Und unter diesen Möglichkeiten gibt es solche, die noch respektvoll sind und dem anderen seine Lebensmöglichkeit und Würde lassen. Dazu ist es manchmal hilfreich, im ersten Moment doch zu schweigen, den spontanen Zorn bei sich zu behalten und mit etwas Abstand die Worte zu wählen, mit denen ich dem anderen sagen kann, dass es nicht ok war, was er/sie getan oder gelassen hat. Es darf ausgesprochen werden, wenn ich unzufrieden bin oder der andere mich ärgert. Aber im Zorn gesprochene Beschimpfungen wirken lange nach und sollten deswegen unterbleiben.

© Ulrike Dauenhauer