Falschmeldungen über Fake News

Stille Post – (k)ein Kinderspiel! Erwachsene spielen es viel besser und raffinierter. Und in echt, also ohne den entlarvenden und verharmlosenden Stempel: „Spiel“. Stille Post demonstriert, wie Gerüchte entstehen.
Gerüchte und Fake News (Falschmeldungen) sind sich ähnlich und doch nicht gleich! Gerüchte entstehen oft auch unabsichtlich. Durch ungenaues Zuhören, durch unabsichtliches Einpassen in eigene Denk- und Wahrnehmungsmuster.
Wer jedoch absichtlich und zielgerichtet falsche Informationen verbreitet, setzt nicht nur Gerüchte in Umlauf, sondern täuscht, lügt und fälscht die Wahrheit. Aus Fakten werden „alternative Fakten“. Wir Deutsche kennen dies aus unserer eigenen Geschichte, der Nazipropaganda, ziemlich gut. Neuerdings kann man dies auch jenseits des Atlantiks vermehrt beobachten.

Dabei gilt aber auch zu unterscheiden, dass manche Fake News so offensichtlich falsch sind, dass gar keine Betrugsabsicht vorliegt, sondern reine politische Satire. Während ich das schreibe, erhalte ich über Handy ein passendes Beispiel:

„Soeben berichtet CNN in einer Sondersendung von einem Zwischenfall in Washington: Im Weißen Haus ist gegen 7:00 Uhr Ortszeit ein Feuer ausgebrochen und zerstörte die Privatbibliothek von Donald Trump. Beide Bücher wurden restlos zerstört. Besonders tragisch: Das zweite Buch des neuen Präsidenten hatte er noch gar nicht fertig ausgemalt!“

Das kann man lustig finden, oder auch nicht. Es ist offensichtlich eine absichtliche, aber satirische Falschmeldung, welche durch ihre Übertreibung deutlich macht: diese Meldung darf nicht wörtlich genommen werden.
Schlimmer sind Nachrichten oder Informationen, die als Tatsachen verkauft werden. Vor wenigen Tagen „erfand“ die Beraterin des US-Präsidenten ein Massaker, um sein Dekret zum Einreisestopp für mehrere islamische Länder zu rechtfertigen. Details dazu hier: Kellyanne Conway erfindet Massaker

Wer sagt uns nun aber, ob nicht die Presse (in diesem Fall der „Spiegel“) absichtlich Falschmeldungen über Falschmeldungen druckt? Viele Menschen trauen den Medien nicht mehr und bezeichnen sie als Lügenpresse. Kaum einer dieser Zweifler hat dabei aber reflektiert, woher er seine Zweifel hat. Denn auch der Verdacht von Falschmeldungen in der etablierten Presse stammt aus irgendeinem Nachrichtenkanal. Warum eigentlich glaubt man dann diesem und zweifelt am anderen?
Nachdem ich am Dienstag vergangener Woche diesen Blog-Artikel begonnen hatte, wurde am Abend auf ZDF die Polit-Satire „Anstalt“ gesendet. Und als hätten deren Autoren meinen unfertigen Artikel bereits eingesehen, berichten sie über Falschmeldungen über Fake-News. Wer es nachträglich sehen möchte:
Die Anstalt vom 7. Februar 2017 (Ausschnitt) (bis 07.Mai 2017 verfügbar)

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Das obige Foto zeigt eine Meldung mit einem angeblichen Zitat von Donald Trump. Es passt ins Klischee und Vorurteil, welches viele von diesem Mann haben. Es ist aber ein erfundenes Zitat, eine Falschmeldung. Ich bin für einen Tag darauf reingefallen, habe dann recherchiert, mich korrigiert und auch alle, denen ich diese News zugeschickt hatte, diesbezüglich informiert.

Während es zu meiner Studienzeit eher noch das Problem gab, an Informationen zu gelangen, ist es heute im Zeitalter von Internet, Google, Facebook, WhatsApp und Wikipedia wesentlich schwieriger, die gefunden Informationen zu selektieren und zu bewerten. So kam vor wenigen Wochen eine angebliche Warnung der Kriminalpolizei vor einem Virus. Man möge umgehend so viel wie möglich Freunde warnen. Die Nachricht selbst war harmlos, sorgte aber für eine Flut unnötiger Mails und Nachrichten, also eine Art Kettenbrief, der sich lawinenartig ausbreitete. Da ist es kein Fehler, vor einem Weiterleiten im Internet einen Faktencheck zu machen. Dies macht kaum mehr Arbeit als das massenhafte Kopieren und Weiterleiten der (Falsch)meldung.

Ich persönlich mag Satire, die von Überzeichnung lebt und es auch mit der Wahrheit nicht immer genau nimmt – solange es klar ist, dass es sich um Satire handelt. Trotzdem möchte ich mich in Zukunft auch mehr darum bemühen, Informationen genauer zu hinterfragen, zu prüfen und einem Faktencheck zu unterziehen. Dazu gehört schon, dass Aussagen als persönliche Meinung gekennzeichnet sind oder die Formulierung „möglicherweise“, „eventuell“ oder „angeblich“ vorangestellt wird.

Nach meiner persönlichen Meinung wird dadurch möglicherweise eventuell die Verbreitung angeblicher Fakten eingeschränkt 😉

© Matthias Dauenhauer

(K)Eine nette Geste …

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Ende August besuchten wir eine sehenswerte Vorstellung im Naturtheater Reutlingen. In der Pause entdeckte ich diverse Insekten, die an Wänden saßen, auf dem Boden krochen und auch umher flogen. Darunter waren auch sogenannte Stinkwanzen. Und vielleicht ist es kein Zufall, dass eine sich meinen Mittelfinger als Lande- bzw. Startbahn ausgesucht hat 😉

Der in die Höhe gestreckte Mittelfinger gilt in vielen Ländern als der Stinkefinger und ist eine beleidigende Geste. Ähnliches gilt für den Zeigefinger an der Stirn: „Einen Vogel zeigen“ ist in Deutschland sogar strafbar.
Die Zahl der Gesten, die mit Fingern oder Händen eine sprachliche Aussage unterstützen, ergänzen oder sogar ersetzen, ist enorm (eine ansehnliche Sammlung kann bei Wikipedia eingesehen werden). Darunter ist seit Cäsars Zeiten der Daumen, der nach oben oder unten gestreckt wird. Auch die Geste für einen Schwur, das Victory-Zeichen oder das Händefalten scheint unmissverständlich.

Aber es gilt aufzupassen: Die Formung eines „o“ mittels Daumen und Zeigefinger gilt in Deutschland, der Schweiz und in Österreich als Zeichen für „ok“. Auch für Taucher, die unter Wasser auf nonverbale Kommunikation angewiesen sind, steht diese Geste für „alles gut“. Es gibt jedoch auch Kulturen, in denen genau dieses Zeichen eine massive Beleidigung darstellt, denn in diesen Ländern wird das „o“ als Schließmuskel interpretiert: Arschloch. So wird aus einer gut gemeinten, netten Geste eine Beleidigung.

Gesten unterstützen die verbale Sprache und sind manchmal vielsagender als gesprochene Worte. Denn die Gestik wird normalerweise nicht kontrolliert, sondern entspringt dem Unbewussten, durchläuft im Gegensatz zur Sprache keinen Filter und wird unzensiert gezeigt. Gesten sind ehrlicher als Worte!

In manchen Kulturen – eher südlich der Alpen – wird wesentlich mehr gestikuliert als im „kühlen“ Norden. Darum sagt man auch scherzhaft: „Was ist ein Italiener, der beidseitig armamputiert ist? … Er ist sprachbehindert!“

Im erweiterten Sinne gibt es auch Gesten, die nicht mit Fingern oder Händen gezeigt werden. Es sind Handlungen, die man als nette Geste bezeichnet. Bei einer Einladung einen Wein, oder Knabbereien oder Blümchen mitbringen. Eine Kondolenzkarte bei einem Trauerfall schreiben. Mut zusprechen, wenn jemand eine Prüfung vor sich hat oder eine kleine Aufmerksamkeit überreichen, wenn er sie bestanden hat. Diese und zahlreiche andere Gelegenheiten bieten sich für eine nette Geste an.

Ich persönlich will in Zukunft wieder mehr darauf achten, solche netten Gesten zu zeigen.
© Matthias Dauenhauer

Tag der Reformation

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Am 31. Oktober war Reformationstag. In wenigen Bundesländern ist er gesetzlicher Feiertag. Wenn sich 2017 der Thesenanschlag zum 500sten Mal jährt, wird ausnahmsweise bundesweit Feiertag sein.
Luther hat mutig und letztlich unter Gefahr für Leib und Leben die damaligen kirchlichen Missstände angeprangert. Er wagte 1521 den Gang zum Reichstag nach Worms, um sich vor Kaiser und den päpstlichen Gesandten zu rechtfertigen. Ja, es wurde ihm freies Geleit zugestanden. Allerdings kannte Luther auch das Schicksal eines anderen Reformators: Jan Hus wurde ca 100 Jahre zuvor auch freies Geleit zum Konzil nach Konstanz versprochen. Er starb dort 1415 auf dem Scheiterhaufen …

Spannend ist für mich, wie sich Martin Luther verteidigt hatte. In seiner Rede beruft er sich nicht allein auf die Bibel, sondern auch auf die Vernunft:
„Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!“

Der Gelehrte Luther beruft sich auf die Gewissensfreiheit, die es ihm erlaubt, Autoritäten anzuzweifeln. Weder die Tradition an sich, weder die Zusammenkunft vieler Kardinäle und Theologen bei einem Konzil, noch das höchste Kirchenoberhaupt selbst, der Papst, ist in der Lage, den Schriftbeweis aus der Bibel aufzuwiegen. Aber nicht nur Bibeltexte sind ihm wichtig, sondern auch Gründe der Vernunft.

Kant sollte sehr viel später (1784) einmal formulieren „Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen!“ Er wurde zum Leitspruch der Aufklärung. Aber weniger bekannt ist eine Aussage des Dichters Horaz, der ca. 20 v.Chr. schon aufforderte: „Sapere aude!“ („Entschließe dich zur Einsicht!“ oder „Wage es, weise zu sein!“)

Für viele scheint der Verstand ein unüberbrückbarer Gegensatz zum christlichen Glauben zu sein. Durch die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung sei der Glaube gefährdet. Und dieser Glaube wird höher geachtet als die Vernunft. Wird der Glaube so aber nicht zu einem blinden Glauben? Und aus blindem Glauben schließlich blinder Gehorsam? Manchen Frommen ist der Mut abhandengekommen, selbst vernünftig nachzudenken.

Wissenschaft und Glaube sind eine sinnvolle Ergänzung. Und niemand hat es besser formuliert, als der Nobelpreisträger für Physik, Steven Weinberg: „Das Verdienst der Naturwissenschaften besteht nicht darin, dass sie es den Menschen unmöglich macht, gläubig zu sein, sondern, dass sie es ihnen möglich macht, ungläubig zu sein!“

Dank der Vernunft und des Verstandes, dank der Naturwissenschaften, die sich dieser bedienen, ist man nicht mehr gezwungen, alles zu glauben. Zweifeln ist erlaubt. Dass bereits der Reformator Luther lange vor dem Zeitalter der Aufklärung darauf hingewiesen hatte, ist mir erst dieses Jahr bewusst geworden.

Und ein letzter Gedanke: Wie kann ich den Reformationstag ganz persönlich nehmen? Ich könnte ihn jährlich zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, was ich in meinem persönlichen Leben verändern will. Was soll eine „neue Form“ erhalten? Was soll wieder in seinen ursprünglichen Sinn „zurück geformt“ werden? Vielleicht steckt in jedem von uns ein kleiner Martin Luther 😉

© Matthias Dauenhauer

Kapier ´s endlich!

Wahrheit - Magie oder Trick

Nicht nur Eltern kennen die Schwierigkeit, ihren Kindern eine „Wahrheit“ nahe zu bringen. Angehörige von Alkoholikern können ein Lied davon singen. Psychisch Kranke wollen die Wahrheit oft auch nicht wahrhaben. Erstmal geht der Rollladen herunter, es wird geblockt. Was man mit den Augen der Anderen gezeigt bekommt, passt nicht ins eigene (Erklärungs-)Muster und hat mit der persönlichen Wirklichkeit wenig Übereinstimmung.

Und so kommt es immer wieder vor, dass Ratschläge, die man erhalten hat, zunächst einmal abgelehnt werden, aber dann nach geraumer Zeit als eigene Idee präsentiert werden. Nun wäre man als Ratgebender gut beraten, nicht darauf zu bestehen, dass es die eigene Idee war, die man ja schon vor Tagen angetragen hatte. Klüger wäre es, die nun als Eigenproduktion des Gegenübers geäußerten Ideen aufzugreifen und gut zu heißen.

Es ist immer besser, ein Mensch hat eine Wahrheit von sich aus erkannt (oder glaubt dies zumindest), als dass man mit Gewalt versucht, ihm die Wahrheit aufzupressen.

José Ortega y Gasset (1883-1955) hat schön formuliert: „Es ist zu wünschen, dass jeder, der uns die Wahrheit zeigen will, sie nicht in Worten ausdrückt, sondern uns die Möglichkeit gibt, sie selbst zu erkennen.“

Das erfordert allerdings immer wieder viel Geduld. Die wünsche ich mir nicht nur für meine Patienten, sondern für alle Menschen, mit denen ich im Alltag zu tun habe.

© Matthias Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Die Kunst, Unsichtbares zu sehen

Vision ist die Kunst, Unsichtbares zu sehen. (Jonathan Swift) - www.doppelpunkt-praxis.de

Der Satz von Jonathan Swift hat mir gefallen. Allerdings würde ich ihn ein klein wenig anders formulieren: Vision ist die Kunst, das noch nicht Sichtbare zu sehen. Es geht um die Möglichkeitsform.

Für mein Leben und meine Arbeit war es wichtig zu lernen, Dinge zu sehen, die werden können, werden wollen, die möglich sind, die schon waren und wieder sein werden. Viel zu oft im Leben gibt es Momente, auf die Menschen mit Verzagtheit, Mutlosigkeit oder Resignation reagieren. Meine Theorie dazu ist, dass sie eine bestimmte Sicht auf die Situation oder Herausforderung haben, in der sie manches wahrnehmen (und bewerten), anderes aber noch nicht wahrnehmen (können).

Wer einen Beruf erlernt, erwirb in vielen Fällen damit auch bestimmte „Sehfähigkeiten“, die er/sie zuvor nicht hatte. So wird jemand aus dem Bereich Dekoration/Inneneinrichtung beim Betreten neuer Räume wohl immer Dinge sehen, die mir entgehen, weil ich dafür nun einmal kein Spezialist bin. Oder eine Kosmetikerin wird vermutlich beim Gegenüber immer Hautspezifika wahrnehmen. Vielleicht wird die Kosmetikerin oder der Inneneinrichter sich dessen nicht immer bewusst sein, denn solche Dinge laufen irgendwann automatisch ab. Sie sind irgendwann gut trainiert und laufen ohne große Anstrengung ab. Wenn das Thema gerade nicht relevant ist, wird die Person auch nicht weiter darauf achten. Dennoch wird diese spezielle Wahrnehmung stattgefunden haben.

Worauf will ich hinaus: Diese eben erwähnten speziellen „Wahrnehmungsarten“ sind erlernt. Sie waren nicht immer da. Ebenso erlernen wir im Laufe unseres Lebens einen Blick auf Herausforderungen, schwierige Situationen und auf Menschen (uns selbst und andere). Nicht immer ist die erlernte Sichtweise die beste, die, die uns am ehesten glücklich und erfolgreich macht. Wenn man aber diese Sichtweise gelernt hat, kann man auch eine neue oder erweiterte Sichtweise lernen. Man kann also lernen, visionär zu sehen und zu denken. Das bedeutet im Moment für mich nicht, dass ich hochtrabende Pläne entwickle, dass ich in 10 Jahren Multimillionärin bin oder ähnliches. Ich meine damit, dass es lernbar ist, Situationen neue Sichtweisen abzugewinnen, in Menschen – auch in sich selbst – neue Möglichkeiten zu entdecken.

Nun ist es meines Erachtens wichtig, dies auch sprachlich festzuhalten. Wenn nun eine schwierige Situation kommt, kann mein innerer Kommentar lauten: „Das kann ich NOCH nicht.“ Das kleine Wort „noch“ eröffnet die Möglichkeit, dass etwas werden kann. Noch besser wäre eine Formulierung wie: „Ich bin gespannt, wie ich das schaffen werde.“ Das lässt sich selbstverständlich auch auf andere anwenden, deren Entwicklung ebenso wenig abgeschlossen ist und die – wie ich – auch noch vieles lernen und in ihrem Leben verändern können. Sobald ich beginne, die Möglichkeiten zu sehen, die es geben kann, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Dinge auch entstehen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Günstige Gelegenheiten

Der Ausgangspunkt für die großartigsten Unternehmungen liegt oft in kaum wahrnehmbaren Gelegenheiten. (Demosthenes) - www.doppelpunkt-praxis.de

Der Ausgangspunkt für die großartigsten Unternehmungen liegt oft in kaum wahrnehmbaren Gelegenheiten. (Demosthenes) – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Eigentlich weiß ich ja, was eine Gelegenheit ist. Aber ich finde es immer wieder spannend, auch bei mir bekannten Wörtern und Dingen noch einmal zu schauen, was ich dazu finde. Im Wiktionary steht unter Gelegenheit: „Eine Gelegenheit ist eine günstige Aussicht, die im Gegensatz zu einem Risiko steht.“

Oder bei Wikipedia: „Eine Gelegenheit bezeichnet die Möglichkeit, ein bestimmtes Ereignis wahrzunehmen, das unter anderen Umständen oder zu anderen Zeitpunkten mit Nachteilen verbunden oder gar nicht mehr wahrnehmbar ist. Typisch bei diesem Begriff ist der seltene Charakter, den das in Kontext beschriebene Ereignis mit sich bringt.
Eine geläufige Redewendung lautet „Die Gelegenheit ist günstig“, was den einmaligen oder seltenen Augenblick des angepeilten Ereignisses weiter hervorhebt und somit häufig in der Werbebranche Verwendung findet.“

Für mich bietet das Leben permanent Gelegenheiten. Insofern sind die für mich gar nicht so selten. Es sind nur ständig verschiedene Themen für die sich mir Gelegenheiten bieten. Meist versuche ich, diese Momente dann zu nutzen, was einer inneren Grundhaltung entspricht. Das bedeutet nicht, dass ich da jeweils schaue, was ich für mich daraus machen kann. Vielmehr geht es mir darum, was ich Gutes aus der Situation für alle im Moment beteiligten machen kann. Und dann bin ich immer wieder überrascht, welche Effekte das nach sich zieht.
Ich bin mir sicher, dass wir jeden Tag hunderte, wenn nicht tausende kleine und allerkleinste Momente geschenkt bekommen, in denen wir etwas Gutes tun können. Weiter bin ich davon überzeugt, dass sich das positiv auswirkt, in meinem Leben und darüber hinaus.

Wichtig ist dabei für mich, diese Grundhaltung zu finden und aufrecht zu erhalten, dabei absichtslos zu sein – in dem Sinne, dass ich einen ganz konkreten Effekt für mich erzielen möchte.

Autor: Ulrike Dauenhauer – Praxis Doppelpunkt

Zeit haben

Keine Zeit ist keine Tatsache, es ist DEINE Entscheidung. - www.doppelpunkt-praxis.de

Da lese ich diesen Satz, dass es also MEINE Entscheidung ist, ob ich Zeit habe. Das finde ich im ersten Moment ziemlich ärgerlich. Es macht mich wütend. Mein Tag ist voll. Ein Termin folgt auf den nächsten. Viele Verpflichtungen fordern mich. Ich sehe zu, dass ich das alles irgendwie hinbekomme. Und dann sagt da jemand, es sei meine Entscheidung, ob ich Zeit habe. Das ist doch eine Frechheit. Ich bin so oft fremdbestimmt in meiner Zeit. Wie gern hätte ich Zeit für Dinge, die mir Freude machen, für Menschen, die mir wichtig sind. Aber ich habe diese Zeit eben nicht. So erleben das vermutlich viele Menschen. Aber ist es wirklich so?

Ich habe mich mal entschieden, den Beruf zu ergreifen, den ich aktuell ausübe. Da war mir klar, dass der viel Zeit von mir fordern wird. Und ich habe mich dafür entschieden. Es folgte die Selbständigkeit, die natürlich einen hohen zeitlichen Einsatz fordert. Auch dafür habe ich mich entschieden. In meiner Lebensplanung kamen Kinder vor. Sie wurden auch Realität, sind die größten Geschenke in meinem Leben. Zwar war meine Vorstellung davon, wieviel Zeit Kinder brauchen etwas anders als die beiden es mir dann zeigten, aber grundsätzlich war klar, dass Kinder viel Zeit brauchen würden. Und ich habe mich dafür entschieden. Ich habe eine alte Mutter. Diese Beziehung pflege ich so, wie es für mich richtig ist, was Zeit braucht. Und auch hier habe ich mich dafür entschieden, es so zu tun und daher diese Zeit zu haben. Und so könnte ich noch eine ganze Weile weiter machen. Wo ist also die Zeit, über die ich nicht selbst entscheide? Es gibt Krankheitszeiten, da läuft das anders mit der Zeit. Seltsamerweise haben wir da plötzlich Zeit für Dinge, für die wir vorher immer meinten, keine Zeit zu haben.

Ich gebe zu, dass ich es bisweilen schwierig finde, die Zeit da zu haben, wo ich es für eine bestimmte Sache ideal fände. Weiter gebe ich zu, dass es manchmal bequem ist zu sagen „ich habe keine Zeit, ich muss arbeiten (oder was auch immer an dieser Stelle kommen kann)“. Das ist für mich, als könnte ich für einen Moment ein wenig Verantwortung abgeben. Die Formulierung legt ja nahe, dass ich schon wollte, aber leider eben nicht kann, weil andere Dinge wichtiger sind. Das entlastet mich. Wenn ich aber ehrlich mit mir bin, muss ich mir eingestehen, dass es mehr Mühe kostet, dann zu schauen, wo und durch welche organisatorischen Maßnahmen ich die Zeit finde, ich für etwas haben möchte. Und wenn mir etwas oder jemand wichtig ist, lässt es sich nahezu immer realisieren, dass da die Zeit ist.

Wenn also jemand mich fragt, ob ich für ihn Zeit habe, kann die Antwort nicht sein, dass ich sie nicht habe, sondern …

Autor: Ulrike Dauenhauer

Klartext

Wer Klartext redet, riskiert, verstanden zu werden. - www.doppelpunkt-praxis.de

„Ja wie jetzt, ich will doch verstanden werden!“, wird wohl mancher denken. Immer? Will ich wirklich immer verstanden werden? Oder gibt es auch Situationen, wo es mir ganz recht ist, wenn ich nicht gleich verstanden werde?
Warum reden dann so viele Menschen per „man“ statt per „ich“? Warum wird dann so gerne verallgemeinert? Hinter Verallgemeinerungen und Aussagen per „man“ kann ich meine eigene Meinung verstecken. Da habe ich bei Gegenwind oder Fragen die Möglichkeit, mich rauszureden. Wenn ich spreche, höre ich mir immer auch selbst zu. Jedes Reden ist auch eine Form der Selbstbeeinflussung. Wenn ich also per „man“ spreche, vermittle ich mir selbst etwas über mich. Ich gebe mir selbst den Eindruck, dass es um eine Reihe anderer Leute geht, nicht aber um mich. Nehmen wir mal ein Beispiel: Mein Vater pflegte zu sagen: „Man müsste mal wieder das Auto waschen.“ Da war er in gewisser Weise fein raus. Er appellierte an seine Zuhörer, Frau und Kinder, gab aber keinen konkreten Auftrag oder Befehl. Es klang ganz harmlos und so erschien er sich dann vermutlich auch. Für uns war dennoch klar, dass WIR SEIN Auto waschen sollten. Das haben wir auch immer brav gemacht. Aber für sich blieb er unklar und vernebelte sein Bild von sich selbst. Das wirkte vermutlich wie ein Weichzeichner beim Foto. Er erschien sanfter für sich. Klar wäre gewesen, wenn er gesagt hätte: „Könnt ihr mir bitte das Auto waschen?“ Was aber hätte er damit gesagt? Er hätte sich ein wenig demütig gezeigt. Denkbar wäre auch gewesen: „Ihr wascht heute Nachmittag das Auto!“ Das wäre ein Befehl gewesen und hätte ihm selbst – und uns – ein anderes Bild von ihm vermittelt. Klare Hierarchie. Gegen die hätten wir vielleicht aufbegehrt. Wir hätten den Klartext verstanden und wären womöglich nicht damit einverstanden gewesen. So konnte er Teile seiner Persönlichkeit vor sich und uns verschleiern oder eben weichzeichnen.
Somit sind wir wieder bei der Frage: Will ich wirklich verstanden werden?
Wenn ich jemandem etwas Unangenehmes sagen will oder muss, ist das bisweilen nicht einfach. Ich muss damit rechnen, dass der andere darauf wenig erfreut reagiert. Auch hier habe ich die Möglichkeit, mit bestimmten Floskeln oder Formulierungen dafür zu sorgen, dass es erstmal „ganz nett“ klingt. In besonderer Form kennen wir das aus Arbeitszeugnissen, wo freundlich verpackt ziemliche Abwertungen oder negativ Bewertungen abgegeben werden können. Wenn man gelernt hat, diese Formulierungen zu lesen, versteht man sehr wohl, dass das, was im ersten Moment so positiv klingt, eine harte Kritik ist. Wer da Klartext redet, riskiert Ärger vor dem Arbeitsgericht. Das Zeugnis darf nicht offen negativ sein, schreibt der Gesetzgeber vor. Aber selbst im privaten Lebensbereich überlege ich gut, wie klar ich jemandem meine Meinung sage. Viele Menschen beenden Beziehungen heute indem sie einfach irgendwann nicht mehr reagieren. Es gibt in meinem Umfeld Menschen, da warte ich nun schon seit Monaten auf eine Mailantwort. Ich finde das traurig und verunsichernd, wenn ich nicht weiß, warum der andere nicht mehr mit mir redet. Auch wenn es nicht schön ist, zu hören, womit ich den anderen verärgert oder verletzt habe, gäbe ein klares Wort mir die Möglichkeit der Reaktion. Die aber will mein Gegenüber nicht oder fürchtet sie gar. Also wird nicht Klartext geredet.
Klartext reden heißt, ich übernehme Verantwortung für mein Reden und Handeln. Für mich ist das eine gute, aufrechte Haltung, die meine eigene Stärke zeigt und für mein Gegenüber fair ist. Ich kann mich damit abgrenzen von Menschen, die mit ihrem Handeln meine Grenzen überschreiten. Damit gewinne ich Kraft und verschaffe mir Respekt. Für mich hat Klartext viele positive Aspekte, erfordert aber auch Mut und die Fähigkeit, Dinge so zu sagen, dass ich den anderen damit nicht angreife, sondern Möglichkeiten für einen neuen Umgang eröffne.
Von daher möchte ich ermutigen, mehr Klartext zu reden. Für sich und für den anderen.

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

Zeitgenuss

Ich habe sehr viel Freude an Sprache und ihren Möglichkeiten. Deswegen freue ich mich auch meist über neue Worte, die ich entdecke. Meine heutige Entdeckung heißt „Zeitgenuss“. Welch schönes Wort. Davon will ich mehr.

Schon vor Jahren habe ich mir vorgenommen, unliebsame Arbeiten wenn möglich mit Freude zu verrichten. Dann sind diese Tätigkeiten nicht mehr ganz so widerlich und die dafür benötigte Zeit kommt mir auch nicht so lang vor. Also mit Spaß dran. Es ist meine Entscheidung, wie ich die Dinge tun will, die ich tun muss.
Dann gibt es natürlich Hobbys, also Dinge, die wir gern tun. Und da sprechen viele Menschen von einem Zeitvertreib. Als ob wir die Zeit wirklich vertreiben könnten. Geht natürlich nicht, ist klar. Aber ich kann Zeit erleben. Ganz unterschiedlich. Sie kann mir unendlich lang vorkommen (z.B. bei unliebsamen Tätigkeiten) oder sehr kurz. Die Zeit erlebe ich in aller Regel nicht als schön, aber das, was ich in der Zeit erlebe. Und so kann ich die Zeit, die ich auf etwas verwende, genießen. Also Zeitgenuss schaffen. Ja, schaffen. Weil ich mich bewusst dafür entscheide, sie zu genießen.
Ich will also keine Zeit mehr vertreiben, sondern sie genießen. Auf in den nächsten Zeitgenuss.

Zeitgenuss

Autor: Ulrike Dauenhauer – http://www.doppelpunkt-praxis.de

App- Empfehlung

Das hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal eine App auf dem Blog empfehlen würde. Aber irgendwann ist immer das erste Mal. Hier also meine Empfehlung:

Critisim Simulator von Dr. Ben Furman

https://play.google.com/store/apps/details?id=com.benfurman.criticism&hl=de

Ben Furman ist ein finnischer Psychiater und Psychotherapeut und international anerkannter Experte für lösungsorientierte Therapie. Ich habe ihn in Seminaren persönlich kennenlernen dürfen und kann sagen, dass er ein sehr humorvoller, kenntnisreicher, warmherziger und effizient lehrender Mensch ist. Es ist ihm ein großes Anliegen, Lösungen aufzuzeigen für unterschiedliche Themenbereiche. Dazu hat er viel geforscht und auch veröffentlicht. Und er ist sehr freigebig und daran interessiert, dass seine Lösungen auch kostenfrei zu den Menschen kommen. Das finde ich eine ganz großartige Eigenschaft an ihm. Seine App ist kostenfrei im Appstore zu haben.

Ich habe mir diese App vor kurzem runtergeladen, als er mitteilte, dass sie zu haben ist. Neugierig habe ich mir dieses Tool angeschaut. Und ausprobiert.

Man wird zunächst aufgefordert, den Namen und das Geschlecht der Person anzugeben, der man etwas Unangenehmes oder eben Kritik mitteilen möchte. Diese Daten werden NICHT gespeichert. Sie dienen lediglich dazu, die Simulation so zu gestalten, dass ich als Nutzer ständig die Person im Blick behalte, für die ich mir hier einen Tipp holen möchte.

Anschließend folgen Fragen zum Problem, die teilweise mit Angaben aus einer vorgegebenen Liste, teilweise aber auch durch Freitext-Eingabe beantwortet werden. Am Ende des Prozesses kommt die Lösung, die wir vermutlich in bekannter – und meist wenig hilfreicher – Manier gefunden hätten. Danach geht es mit anderen Fragen weiter, die uns zu anderen Antworten führen – wieder aus Listen oder per Freitext-Eingabe. Und dabei kommt dann eine ganz andere, hilfreiche Lösung heraus. Mit diesem Vorschlag kann man nun in das Gespräch mit der betreffenden Person gehen und hat bessere Voraussetzungen, dass die Kritik vom Gegenüber auch verstanden, angenommen und umgesetzt wird und ohne die Beziehung dadurch mehr zu belasten als nötig. Ich finde das sehr gelungen und wirklich hilfreich.

Die Nachteile der App: Sie liegt nur in Englisch und Finnisch vor. Die Schrift ist sehr klein.

Weitere Informationen über Ben Furman findet man zum Beispiel hier:

http://www.benfurman.com/en/

http://de.wikipedia.org/wiki/Ben_Furman